Verdammt lange Minuten

Bevor ich mich in den Osterurlaub verabschiede hier noch einmal ein Einsatzbericht von einem Einsatz, den ich erst kürzlich erlebt habe:

Mitten bei schönstem Sommerwetter wurde unser RTW zu einem chirurgischen Notfall alarmiert, die Erstmeldung durch die Leitstelle lautete „chirurgisch ohne Notarzt, Kind aus 1m Höhe gefallen, 8 Jahre, Armfraktur“. 

Während wir uns auf der Anfahrt darüber unterhielten, wie unsere Eltern damals mit so einer Sache umgegangen wären, nämlich einpacken und ab ins Krankenhaus, trafen wir dann auch an der Einsatzstelle an.

Schon drei Kreuzungen vorher hatten die Eltern anscheinend alle Nachbarn mobilisiert und bereit gestellt uns einzuweisen. Schon beim Aussteigen aus dem RTW hörten wir das Geschrei des kleinen Mädchens aus dem Wohnzimmer.

So wie sich die Lage darstellte, hatte das Kind an einer Stange geturnt, war abgerutscht und leider ziemlich blöd auf dem linken Arm aufgekommen. Der war jetzt durch, da brauchte es keinen Röntgenblick, sondern erkannte man schon von weitem. Unseren Plan, den Arm zu schienen und dann mit dem Kind ins Krankenhaus zu fahren, machte die Kurze zunichte indem man sie nirgendwo anfassen durfte und sie in einem durchbrüllte. Auch das tiefe und innige Einreden und Beruhigen der anwesenden Mutter führte zu keinem Erfolg.

Also nützte es alles nichts: Der fahrende Doc musste zur Analgesie kommen. Während also mein Kollege weiter beim Patienten blieb, ging ich um die Ecke, um mit der Leitstelle zu reden.

Leider hatte die keine guten Nachrichten: Die drei ersten NEF, welche uns am nächsten waren, waren alle unterwegs. Also kam zu uns das NEF aus XY-Stadt, was min. 25 Minuten entfernt war.

Währenddessen hatte wir schon das komplette Monitorring mit Blutdruck, EKG und SpO² dran, konnten unter Ablenkung des Kindes einen Zugang legen und hatten schon das gute Ketanest + Dormicum bereitgelegt für die Analgesie.

Im Rahmen der Notkompetenz hätten wir die Analgesie nun auch selbst durchführen dürfen, was wir aber nicht machten. Dafür war uns das bei einem Kind einfach zu heikel.

Also blieb nichts anderes als warten auf den Notarzt. Nach ewig langen Minuten traf dieser dann auch endlich ein. Ich muss sagen, dass ich in diesen Minuten jeden Menschen verstanden habe, den das Warten auf ein Rettungsmittel wie eine Ewigkeit vorkommt. Dieses unangenehme Gefühl für uns alles gemacht zu haben und jetzt nur noch auf den Doc warten zu können, der die Analgesie durchführt, war schrecklich, vor allem bei einem laut schreienden, weisendem Kind.

Nach einer kurzen Übergabe und Anamnese fing der Rettungsarzt dann auch mit der Analgesie an. Gut, dass wir das nicht selbst gemacht haben, weil prompt wurde das Kind ein wenig atemdepressiv und musste kurzzeitig assistiert beatmet werden.

Der NEF-Fahrer hatte uns in der Zwischenzeit ein chirurgisches Bett organisiert, welches wir dann auch in schnellster Zeit anfahren wollten.

Nachdem das Kind dann wieder vollkommen selbstständig atmete, konnten wir dann auch den Arm schienen und das Krankenhaus im Konvoi anfahren.

Filed under: FAIL, RTW-Leben Tagged: Analgesie, Notarzt, Notfallmedizin, RD-Leben, Rettungsdienst, Wartezeit

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