Wie an jedem Morgen stehen wir um viertel vor acht in der Notaufnahme und warten auf den Chef. Der kommt wie üblich mit exakt einer Minute Verspätung mit Oberarzt Heimbach im Schlepptau hereingeschneit. Und wer ist diese weibliche Gestalt hinter den beiden, die wacker versucht, Schritt zu halten?
Lange schwarze Haare, schicker Mantel, modische Stiefel. Für eine Patientin ist sie zu jung und zu behende… außerdem lächelt sie etwas unsicher und bleibt einen halben Schritt hinter dem Chef stehen.
„Liebe Kollegen, darf ich Ihnen Frau Weizenberg vorstellen? Sie wird unser Team in den nächsten drei Wochen als…“ er hüstelt, „…als Honorarärztin verstärken!“
Mir fällt die Kinnlade herunter. Die Frau ist doch maximal Anfang Dreißig!
Sind Honorarärzte nicht in der Regel honorige ältere Herren, die entweder frustriert von ihrer den Bach heruntergegangenen Praxis erzählen oder damit angeben, was für dicke Autos sie sich von ihren Honorararzthonoraren leisten können?
Ehrensache, dass ich mich freiwillig dazu melde, der jungen Kollegin das Haus zu zeigen! Natürlich beginnt die Führung in der Stationsküche bei uns auf der Zwo.
„Also, hier steht die Kaffeemaschine…“ sage ich und nehme zwei Tassen aus dem Schrank.
„Nein danke, nicht für mich!“
„Oh, Du trinkst keinen Kaffee? Magst Du lieber einen Tee? Oder ein Wasser?“
„Zeig mir lieber, wie ich in das Computersystem reinkomme! Wie meldet man sich an? Wo muss man das Passwort beantragen?“
Sie steht auf.
Seufzend folge ich ihr ins Arztzimmer.