Demissio-Syndrom

Montag Morgen. Kittel überwerfen, Kaffeetasse greifen, Blick auf den Stationsplan. Stirn runzeln.
„Warum ist denn Herr Krause noch da?“
„Herr Krause ist in Zimmer fünfzehn!“ schnarrt Schwester Paula.
Immer noch?
„Äh… hätte er nicht am Samstag nach Hause gehen sollen?“
„Hätte er!“
„Den Brief habe ich doch Freitag Nachmittag noch fertig gemacht…“
Und noch mit dem Sozialdienst, dem Hausarzt, dem ambulanten Pflegedienst und drei verschiedenen Fraktionen von Angehörigen telefoniert. Das Entlassungsdatum war das Ergebnis langer Verhandlungen gewesen. Normalerweise entlasse ich ja nicht gerne am Wochenende. Aber am Freitag Nachmittag darf man fragile Senioren auch nicht entlassen, wenn man es sich nicht mit allen Hausärzten, Pflegediensten, Altenheimen, Betreuern und Seniorenangehörigen dieser Welt verscherzen will. Und wenn man die Leute übers Wochenende im Krankenhaus behält, kriegt man früher oder später eine böse Nachfrage vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen, aber das ist ein anderes Thema und betrifft in erster Linie die Oberärzte, die man aber natürlich nicht gerne verärgern möchte wenn man es vermeiden kann. Aber darum geht es jetzt gar nicht. Jetzt geht es einzig und allein um die Frage, warum Opa Krause jetzt und hier und heute immer noch in seinem Bettchen auf Zimmer fünfzehn liegt.
„Samstag früh ging’s ihm nicht gut!“ sagt Schwester Paula.
„Ach nee?“
„Ihm war plötzlich so schwindelig!“
Das hat er schon seit drei Wochen.
„…er fühle sich so wackelig auf den Beinen…“
Kennen wir doch! Nicht erst seit vorgestern! Ist doch längst alles abgeklärt!
„Irgend etwas objektivierbares? Fieber? Blutdruck? Sauerstoffsättigung? EKG?“
„Nee, aber der Diensthabende Doc meinte, wir sollten lieber doch am Montag nochmal Blut abnehmen…“
Lass uns bloß hoffen, dass die Werte unauffällig sind!

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