Wie kommt man eigentlich auf die Idee ein PJ Praktisches Jahr (letztes Jahr vor der ärztlichen Prüfung)-Tertial in Allgemeinmedizin auf Mallorca zu machen? Ehrlich gesagt war es mehr oder weniger Zufall, dass ich mich dafür entschieden habe…
Ich bin Vivien Czempiel, studiere Medizin an der Ruhr Uni in Bochum und habe mich natürlich wieder einmal viel zu spät darum gekümmert, ein PJ Tertial im Ausland verbringen zu können. Logische Konsequenz daraus war, dass ich nur Absagen auf meine Bewerbungen erhielt…
Als ich mich schon damit abgefunden hatte, mein komplettes Praktisches Jahr in Deutschland machen zu müssen, entdeckte ich wirklich (eher zufällig) in der Liste der Lehrpraxen der Ruhr-Universität Bochum die Praxis von Dr. med. Peter Fleischhauer, Praxisadresse: Palma de Mallorca!
WOW! Das musste ich mir genauer ansehen. Fix gegoogelt und schon verschlug es mich auf die Homepage des Ärztehaus Palma. Begeistert von der Präsentation der Praxis, dem Blog mit den durchweg positiven Berichten famulierender Studenten und der Vorstellung, ein Tertial meines Praktischen Jahres auf Mallorca zu verbringen, schrieb ich Dr. Peter Fleischhauer eine Email.
Der Email-Kontakt mit Peter war sehr nett und unkompliziert. Er bat mich um ein paar Bewerbungsunterlagen, ( Lebenslauf, Foto, Physikumszeugnis), und als ich nach einigen Tagen die Zusage erhielt, konnte ich es kaum fassen. Aber nun galt es einige Dinge zu organisieren.
Ein paar Sachen sollte man sich unbedingt vorher bewusst machen. Zum einen wird das PJ-Tertial Allgemeinmedizin auf Mallorca nicht vergütet. In Deutschland erhält man, wenn man sich für ein PJ Tertial in der Allgemeinmedizin entscheidet, ein Stipendium in Höhe von 600 € von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe, wenn die Praxis in deren Bezirk liegt. Dieses fällt weg, wenn man/frau auf Mallorca arbeitet, auch wenn die Praxis als Lehrpraxis der Ruhr-Universität Bochum anerkannt ist. Zum anderen musste ich mich selbst um eine Unterkunft kümmern und Flüge mussten gebucht werden. Daher möchte ich nun allen Interessierten ein paar Tipps geben:
Zur Finanzierung ist zu sagen, dass man zum einen natürlich einen Antrag auf Auslandsbafög stellen kann. Studenten, die in Deutschland Bafög-berechtigt sind, sollten auch Auslandsbafög erhalten. Wichtig ist, dass man den Antrag frühzeitig stellt. Die Bearbeitung dauert unter Umständen aber recht lange. Es ist außerdem sehr empfehlenswert, sich für ein ERASMUS-Praktikumsstipendium für Auslandspraktika zu bewerben. Das ist unkompliziert und man hat gute Chancen, ein solches Stipendium bewilligt zu bekommen. Förderungssumme eines solchen Stipendiums sind 350 € pro Monat. Den Antrag sollte man spätestens einen Monat vor Antritt des Praktikums stellen, am Besten frühestmöglich.
Eine Unterkunft zu finden gestaltete sich schon ein wenig schwieriger. Ich musste feststellen, dass es doch alles ein wenig teurer als in Deutschland schien und zudem wurde auch häufig völliger Schrott angeboten. Im Allgemeinen ist zu sagen, dass es nichts bringt zu weit im Voraus nach einer Unterkunft zu schauen, da auf Mallorca alles relativ kurzlebig ist. Für meinen Mallorca- Aufenthalt ab Anfang April, habe ich Mitte Januar meine Wohnung gemietet. Im Internet kann man sich mal auf der Seite www.wg-gesucht.de umsehen. Hier werden verschiedene Objekte, von WG-Zimmer bis Finca, angeboten.
Bei der Buchung der Flüge lohnt es sich definitiv, einige Zeit im Voraus zu schauen. Je früher man bucht, desto günstiger wird es. Ich konnte mit anschauen, wie die Preise täglich gestiegen sind…
Und jetzt bin ich tatsächlich hier! Kaum zu glauben! Ehrlich gesagt war ich wirklich etwas ambivalent im Vorhinein, wusste ja nicht was mich nun erwartet. Zum einen war da die Vorfreude, zum anderen doch Respekt vor diesem Vorhaben. Was ist, wenn ich mich nicht mit dem Doc verstehe? Was, wenn ich alles doof finde und immer nur alleine und traurig zuhause rumsitze? Immerhin ist dies für mich der erste Auslandsaufenthalt.
Aber meine Ängste und Sorgen waren schnell vergessen. Einige Tage vor meinem Praktikumsbeginn reiste ich auf Mallorca an und stattete Peter und Dolores, (seine spanische Sprechstundenhilfe), einen ersten Besuch im Ärztehaus Palma ab. Ich wurde sehr herzlich empfangen und war gleich ein wenig beruhigt im Hinblick auf meinen ersten Arbeitstag. Ja und dann ging es los, mein PJ-Tertial "Allgemeinmedizin auf Mallorca".
Obwohl ich ein paar Tage zuvor schon in der Praxis war, machte ich mich am Morgen meines ersten Arbeitstages mit ordenttlich Herzklopfen auf den Weg zum Ärztehaus in Palma. Aber ich fühlte mich sehr schnell wohl und sehr freundlich aufgenommen. Zum einen durch Dolores, die wirklich sehr nette und sympathische Arzthelferin und durch Peter, der wirklich sehr herzlich und nett ist. Bevor der erste Patient kam hatten wir noch Zeit für eine kurze Besprechung. Wir redeten hauptsächlich darüber, was ich mir von meiner Zeit hier erwarte und was ich so für Ziele habe. Im Gegenzug fragte Peter nach meinen praktischen Fertigkeiten und dann kam auch schon der erste Patient.
Ich merkte schnell, dass es hier auf Mallorca alles ein bisschen anders als in Deutschland ist, die Uhr tickt hier langsamer. Der erste große Unterschied im Vergleich zu einer deutschen Allgemeinarztpraxis ist das Patientenaufkommen. Dadurch, dass hier täglich ca. 10 Patienten auflaufen (statt hundert), bleibt natürlich viel mehr Zeit für den einzelnen Menschen. So erfolgt immer eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung. Zudem ist Peter alternativmedizinisch sehr breit gefächert und hat häufig andere Denkansätze im Vergleich zur Schulmedizin. Auch bei der Therapie kann er den Patienten häufig mit seinen unterschiedlichen Fertigkeiten, (zum Beispiel der Osteopathie), helfen. Das ist grade für mich sehr spannend, da man ja während seines Medizinstudiums nicht wirklich viel über solche Methoden hört. Insbesondere hier auf Mallorca schätzen die Patienten diese Behandlungen sehr.
Die Hauptpatientenklientel von Peter sind Residenten, hauptsächlich ausgewanderte Deutsche, aber auch Engländer, Schweizer und Franzosen. Touristen suchen eher weniger die Praxis auf. Hinzu kommt noch ein kleiner Teil mallorquinischer Patienten. Ich wurde gleich mit in den Praxisalltag eingebunden. Blutentnahmen und Zugänge für Infusionen gehören fortan in mein Aufgabenfeld. Residenten untersuchen wir immer gemeinsam und falls ein Tourist in der Praxis aufläuft, führe ich eigenständig die Anamnese, Untersuchung, Diagnosestellung sowie Therapievorschlag durch. Dann bespreche ich das Ergebnis mit Peter und danach mit dem Patienten.
Das wirklich schöne hier ist, dass man nach jedem Patienten kurz Zeit hat, den Fall nochmal zu diskutieren und auch differenzialdiagnostische Denkansätze zu besprechen. Und falls schon der nächste Patient wartet, wird das Gespräch halt auf später verschoben. Total super und in meinem bisherigem PJ (in einer großen, stressigen Uniklinik) in dem Maße nie möglich gewesen. So, für heute ist es genug, ich halte Euch auf dem Laufenden, wie es mir hier geht und was ich alles erlebe.