In einer Dissertation*, die an der Universität Wien eingereicht worden ist, wirft die Wissenschaftlerin Katja Horninger den Verlagen vor, die Vermischung von Redaktion und bezahlte Inhalten sei allgegenwärtig in Österreichs Zeitungen. Zwei Drittel aller Sonderseiten und rund ein Drittel aller redaktioneller Anzeigen würden mit falscher oder unzureichender Kennzeichnung versehen. Die Resultate haben in unserem Nachbarland Aufsehen erregt. In einem Positionspapier ruft der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations alle Verantwortlichen in der PR und Werbebranche sowie bei den Medien auf, sich gemeinsam für mehr Transparenz bei der Kennzeichnung entgeltlicher Beiträge in Medien einzusetzen und damit einen Beitrag zur Hebung der ethischen Standards in den betroffenen Berufsgruppen zu leisten.
Die meisten irreführenden Veröffentlichungen entdeckte Horninger in Beiträgen über öffentliche Institutionen, Kultur, Immobilien sowie Banken/Sparkassen/Versicherungen. Pharma? Fehlanzeige. Ein Erfolg der Werbe- und PR-Agenturen bzw. deren Auftraggeber aus der Pharmaindustrie, die ihre Werbung bevorzugt in redaktionellen Beiträgen unterbringt. Ebenso fallen die in Österreich so beliebten Disease-Awareness-Kampagnen nicht in das traditionelle Raster der Sonderwerbeformen und anderer Formen von Advertorials. Wenn eine ganze Zunft der Medizinjournalisten Hand in Hand mit der Gesundheitsindustrie zusammenarbeitet, haben selbst Publizistik-Forscher es schwer, redaktionelle Beiträge zutreffend zu bewerten.
—
*Katja Horninger: Bezahlte Wahrheiten. ‚Schleichwerbung’ in österreichischen Tageszeitungen. Eine Bestandsaufnahme. Dissertation Universität Wien, Juni 2009.