Rationierung in der Medizin: Das böse R-Wort – oder: was bringt was?

Jetzt also auch die Krebs-Ärzte!
Wer in den letzten Monaten die Nachrichten aus dem Gesundheitswesen in der Presselandschaft verfolgt, dem fällt auf, dass dort vermehrt ein böses Wort sein Unwesen treibt: Das unaussprechliche R-Wort. R wie Rationalisierung. Darf man sich bei der Behandlung eines Menschen von Gedanken an den schöden Mammon beeinflussen lassen?
Eine Online-Umfrage unter den Mitgliedern der deutschen Gesellschaft für Onkolologie zeigte: Viele von ihnen verzichten ab und zu auf eine Behandlung, wenn es zu teuer ist. Ein Skandal also?

19 Prozent (der Befragten) unterließen nach eigener Einschätzung aber sogar dann aus Kostengründen eine Maßnahme, wenn sie nach Studienlage einen erheblichen Zusatznutzen gehabt hätte und zugelassen ist.

Und flugs äußert man Sorge und Betroffenheit.
Warum?
Überall in der Wirtschaft gilt der Grundsatz: vor jeder Investition werden Kosten und Nutzen gegeneinander abgewogen.
Nur in der Medizin ist das anders. Hier geht es schließlich um Menschenleben und der Wert eines jeden Menschenlebens ist unbezahlbar, also muss man alles tun, was man kann.
Alles. Ohne Rücksicht auf Verluste. Das war jahrelang das ungeschriebene Dogma der deutschen Medizinökonomie.
Therapien für Patienten mit fortgeschrittenen Tumorleiden sind oft sehr teuer. Der Nutzen ist begrenzt. Knallhart formuliert: Ein Patient wird sterben. Früher oder später. Mit der Behandlung läßt sich der Krankheitsverlauf höchstens für eine begrenzte Zeit aufschieben, wobei die begrenzte Zeit ein paar Jahre, aber auch nur Monate, Wochen oder Tage sein kann. Im besten Fall gewinnt der Patient noch ein paar schöne Jahre, im schlimmsten Fall zögert man das Leiden nur noch ein paar sinnlose Wochen lang hinaus. Was davon eintreffen wird, das können selbst erfahrene Ärzte vorher nur sehr grob einschätzen.
Andererseits sind zum Beispiel Chemotherapien nicht nur teuer, sondern sie haben auch erhebliche Nebenwirkungen und sind für den Patienten mehr als unangenehm.
Selbst wenn der Nutzen – gemessen in gewonnen potentiellen Monaten Lebenszeit bei akzeptabler Lebensqalität – eindeutig in Studien nachgewiesen ist muss man jedem Patienten auch das Recht zugestehen, sich dagegen zu entscheiden.
Selbst wenn er dabei Geld spart und sozialverträglich früher ablebt.

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