Diesmal bin ich spät dran mit der Visite und jage deshalb im Tiefflug durch die Patientenzimmer: Na, alles in Ordnung? Keine Probleme? Wunderschön! Fein! Handschlag. Alles Gute, bis Morgen, nächstes Zimmer.
Schwester Gaby kommt kaum noch hinterher.
„Wen haben wir in Zimmer dreiundzwanzig?“ frage ich.
„Zugang!“ sagt sie.
„Schön. Irgendwas Besonderes?“
Schwester Gaby schüttelt den Kopf.
„Alles klar, dann gehen wir rein!“
„Äh, Doktor?“
Aber ich habe schon den Türgriff in der Hand und…
Nein!
Nein, das gibt’s doch nicht!
„Bist Du nicht aus der Notaufnahme abgehaun?“
Balthasar strahlt mich an.
Im Zimmer riecht es nach Saftgulasch mit Sauerkraut und Knödeln und Balthasar kaut mit vollen Backen.
„Bin ich auch, Doktorchen! Und jetzt bin ich wieder da!“
„Und Dein Rücken hat Dich nicht daran gehindert, aus dem Fenster zu springen…“
„Der Rücken ist nicht das Problem, Doc!“
„Sondern?“
Schwester Gaby räuspert sich hinter meinem Rücken.
„Äh… wir sollten uns verkleiden!“
Ich drehe mich um und starre Schwester Gaby ungläubig an.
„Verkleiden?“
„Herr Stroop ist doch isoliert!“
„Wie bitte?“
„Na, wegen EHEC natürlich!“ grinst Balthasar und schiebt sich eine weitere Gabel Gulasch in den Mund.
„Jetzt erzählst Du mir auf der Stelle die ganze Geschichte von vorn….“
Balthasar starrt mich an wie ein Auto.
„Da gibt’s nicht viel zu erzählen! Deine nette Kollegin hat mich gestern Abend aufgenommen, und jetzt bin ich halt da!“
„Verdacht auf EHEC!“ fügt Schwester Gaby unnötigerweise hinzu.
Jetzt macht Balthasar also einen auf Killerkeim. Ich glaube, demnächst ist eine disziplinarische Darmspiegelung fällig.
Oder, noch besser, ich schreibe es auf und bringe es schnellstem Weg an die Öffentlichkeit!