Über die Patientendisposition in der präklinischen Notfallmedizin

Das Rettungsdienstgesetz (§2(1), §23,(2)3 ) sieht vor, präklinische Notfallpatienten schnellstmöglich dem NÄCHSTEN GEEIGNETEN Krankenhaus zuzuführen.

Tatsächlich tragen jedoch viele weitere Faktoren dazu bei, im Einzelfall die Entscheidung des Rettungsassistenten oder Notarztes zur Disposition zu beeinflussen. Ob diese Faktoren jedoch
allgemein akzeptable Kriterien für eine patientengerechte Krankenhausauswahl darstellen, steht auf einem ganz anderen Blatt geschrieben.

 

Welche sind diese Faktoren und wie wird hierdurch die individuelle Patientenversorgung beeinflusst?

 

Zunächst einmal sei hier der Interessenkonflikt der am Notarztdienst teilnehmenden Ärzte zwischen präklinischer Dispositionsentscheidung und den Interessen des eigenen Hauptarbeitgebers
genannt. Der größte Teil der Notärzte fährt neben seiner Regelarbeit im Einzugsbereich des eigenen Krankenhauses auf dem Notarztwagen. Dies bedingt abhängig von der Mentalität des Notarztes dass
dieser gegebenenfalls bevorzugt das eigene Haus ungeachtet der Eignung für ein bestimmtes Krankheitsbild anfährt, oder bewusst zur Arbeitsvermeidung andere Krankenhäuser ansteuert.

Auch auf der Hierarchieebene der LNA’s; oder im praktischen Bereich noch viel relevanter; auf Ebene der ÄLRD’s bestehen in vielen Rettungsdienstbereichen ungute personelle
Überschneidungen.

Darüber hinaus existieren in nicht wenigen Rettungsdienstbereichen inoffizielle Vereinbarungen mit Aufteilungen der Patienten auf primäre Zielkrankenhäuser nach regionalen Gesichtspunkten
oder gar Postleitzahlengebieten. Letztlich wird der Patient so zu einem Teil eines Kuchens, den sich die Krankenhausmanager planwirtschaftlich untereinander aufteilen. 

Dies steht in krassem Gegensatz zu den Interessen des Individualpatienten, dessen Anspruch es ist die BESTE Notfallversorgung zu erhalten. Ausserdem bestehen in diesem System so keine
ausreichenden Anreize für Krankenhausmanager oder Notaufnahmeleiter die eigene Notfallversorgung patientengerecht zu optimieren und sich hierdurch einen Wettbewerbsvorteil zu
schaffen. 

 

Dies dürfte neben dem Fehlen eines strukturellen Kolloqiums zum Facharzt für Notfallmedizin für die mannigfaltigen Unzulänglichkeiten verantwortlich sein, die den Notfallpatienten in der
heterogenen ,,Notaufnahmelandschaft” in Deutschland erwarten, nachdem er das wahrscheinlich weltbeste präklinische System hinter sich gelassen hat. Manch ein Ankömmling in einer unstrukturierten
Notaufnahme dürfte sich an diesem Punkt in den lauten, engen und rappelnden Rettungswagen zurückwünschen.

 

Neben den zweifelsfrei berechtigten Faktoren des NÄCHSTEN und GEEIGNETEN Krankenhauses, fehlt das wichtigste Attribut, das des objektiv BESTEN Krankenhauses als Entscheidungsfaktor für die
präklinische Patientendisposition in unserem gegenwärtigen System leider völlig. Hier gilt es in Zukunft dringend Abhilfe in Form eines Benchmarking zu schaffen und bestehende
Unter-der-Hand-Vereinbarungen im Sinne unserer Patienten zu überwinden.

 

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