Die Tage hatte ich mich in einem Artikel noch darüber echauffiert, dass Patienten beziehungsweise Pflegekräfte uns wichtige Informationen zu den Patienten nicht geben oder nur stark verzögert geben. Der hier beschriebene Fall hätte perfekt laufen können,…können, ja, können, wenn jedes Glied der Kette seine Arbeit getan hätte.
Aber lest selbst:
Irgendwann in einer der letzten Nachtschichten erfolgte die Alarmierung für unseren RTW.
“Notfall, intern, Kreislauf”
lautete die Einsatzmeldung für uns. Als weitere Information war nichts angegeben. Also begaben wir uns mit diesen doch recht spärlichen Informationen zum Patienten.
Dieser öffnete uns freundlich die Türe im Bademantel und begleitete uns in sein Wohnzimmer. Nach der ersten Begrüßung dann die unschöne Überraschung:
“Ach gut, das sie alle schon die Windpocken hatten, die sollen ja für Erwachsene sonst sehr gefährlich werden.”
Ähm, Moment! Wieso Windpocken und wieso “schon hatten”?!?
Ganz überrascht und irgendwie betroffen erklärte uns dann der Patient das er seit 4 Tagen an den Windpocken litt und das extra dem “guten Mann am Telefon bei der 112″ gesagt hatte. “Sie sollen doch Leute schicken, die die Windpocken schon hatten.”
Irgendwie war diese Information aber nicht zu uns durchgedrungen…bravo, ganz großes Kino.
Die noch schnell geholten Munschütze (?) aus dem Auto waren jetzt eigentlich eh zu spät. Zum Glück hatte meine Wenigkeit und der Kollege schon die Windpocken in der Kindheit gehabt, nur der Praktikant hatte sie noch nicht.
Nachdem wir dann den Patienten soweit versorgt hatten, brachten wir ihn ins Krankenhaus der Wahl. Unterdessen erwähnte der Patient immer wieder, dass er das extra am Telefon erwähnt hatte. Naja, ihm haben wir ja auch keinen Vorwurf gemacht oder so….
Der Blick in den Hygieneplan versprach nun eine “tolle” Nacht. Desinfektion des kompletten RTW und für den Praktikanten am Morgen eine Vorstellung beim Betriebsarzt…^^.
Wir beide (Kollege und ich) hatten ja zum Glück schon die Windpocken durchgemacht und waren deshalb immun. Wenn dies nicht gewesen wäre, hätten wir bei ungeschützter Exposition unter Umständen die Inkubationszeit (bei Windpocken 10 – 12 Tage!) zuhause verbringen müssen.
Das Ganze hätte man uns auch durch ein entsprechenden Vermerk in der Einsatzmeldung ersparen können. Deshalb war nicht nur mein Kollege auf 180, sondern auch ich…Wenn die Leitstelle schon über solche doch recht nützlichen Informationen verfügt, sollte sie diese doch auch uns mitgeben. Dann hätten wir uns eben noch schnell vor Betreten der Wohnung Mundschutz über gezogen und hätten den Praktikanten vielleicht besser schützen können. Aber nein, diese Information wollte uns die Leitstelle ja nicht verraten.
Beim nachträglichen Anruf auf der Leidstelle (!) war der Herr Disponent dann ganz überrascht, ob dieser “Gefährlichkeit” von Windpocken. Es wäre ja soo viel zu tun gewesen heute Nacht und das wäre untergegangen…sorry, aber ein kleines Wort “Windpocken!” in der Depesche hätte doch schon gereicht…dauert ca. 5 Sekunden bei der Eingabe in das Fax…schade, schade!
Da bekommt man schon solche Informationen am Telefon vorab vom Patienten und es bleibt doch irgendwo hängen…Rettungsdienst ist doch Stille Post!
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