Unter diesem Titel möchte ich euch nach und nach einige Begriffe im Rettungsdienst näher bringen und ihre Bedeutung, unter Zuhilfenahme des inoffiziellen Wörterbuches, klären. All diese Begriffe werdet ihr in der Fachliteratur vergeblich suchen, sie begegnen euch nur im rettungsdienstlichen Alltag… oder eben hier im Blog 😉
Morbus Bosporus
Besser bekannt als “anatolischer Ganzkörperschmerz” handelt es sich hierbei um ein – kulturell signifikant gehäuftes – Schmerzphänomen, bei dem sich der – anfänglich lokal begrenzte, meist leichte – Schmerz über “unklare neuronale Reizungen” rasch über den ganzen Körper ausbreitet. Die überdimensionale – meist von sämtlichen behandelnden Medizinern nicht nachvollziehbare – Schwere und Bedrohlichkeit nimmt stetig zu und wird vom Patienten, häufig aber auch von Angehörigen, eindrucksvoll demonstriert. Zu beachten ist, dass diese Erkrankung häufig auftritt, wenn unzählige Angehörige anwesend sind. Oftmals kann das Krankheitsbild auch auf diese Angehörigen übergreifen, so dass eine rasche Isolierung des Patienten indiziert ist. Es bedarf hierbei meist keiner großartigen Behandlung, in aller Regel empfiehlt sich ein zügiger Transport in irgend eine Klinik, die über Dolmetscher und eine wenig besuchte Notaufnahme verfügt, da sich der Zustand des Patienten bei längerer Wartezeit häufig urplötzlich drastisch verschlechtert. Die Anzahl der freien Betten in der Zielklinik spielt eine untergeordnete Rolle, da eine stationäre Aufnahme nur in den seltensten Fällen erfolgt.
Hypertrophie
Bezeichnung für ein Überengagement einzelner Kollegen, meist gepaart mit einem gewissen Grad an Hektik und überausgestatteten Meinungs- und Wichtigkeitsverstärkern in Kombination mit allerlei Rettungsutensilien im Kofferraum des Privat-PKW. Die Hypertrophie ist in der Regel umgekehrt proportional zur Fachkompetenz und weist einen linearen Zusammenhang zur Größe des Minderwertigkeitskomplexes auf. Behandlungspflichtig wird die Hypertrophie spätestens dann, wenn sich Medikamente, wie Syntocinon® (Oxytocin) im Privatkoffer finden (Schwere Hypertrophie!). Allerdings kann es in einigen Fällen noch viel aufschlussreicher sein, Persönlichkeit und Fachkompetenz desjenigen genauer unter die Lupe zu nehmen, der dazu neigt, seine Kollegen als hypertroph zu klassifizieren.
Maligne Logorrhoe
Krankhafter Rededrang, in der Regel ohne tiefere Sinnhaftigkeit und Indikation in Kombination mit mangelhaftem Gespür für die Schmerzgrenze des jeweiligen Kommunikationspartners. Man unterscheidet drei verschiedene Formen:
a) Kollegenlogorrhoe: In der Regel massive Lobeshymnen auf die eigene Person und/oder die erlebten Einsätze in Kombination mit Schmälerung anderer Individuen im Rahmen eines akut dekompensierten Miderwertigkeitskomplexes (vgl. Hypertrophie).
b) Angehörigenlogorrhoe: Übernahme der Kommunikation zwischen Rettungsdienstpersonal und Patient durch einen oder mehrere Anwesende, in der Regel unter völliger Ignorierung des Patienten.
c) Patientenlogorrhoe: Versuch, möglichst wortreich alle für die Anamnese relevanten Fakten auszuklammern, bis auf die Angabe, dass “irgendwie alles” weh tut (vgl. Morbus Bosporus).
So, haben wir heute also wieder was dazu gelernt. Ich hoffe ihr hattet Spaß und die Begriffe sitzen in Zukunft.
Den zweiten Teil gibt’s hier…
Einen schönen Abend und bis bald…