Kopfschmerz in der ZNA

Hier der nächste Artikel von Martin zum Thema Kopfschmerz in der ZNA:


Dem Notaufnahmearzt begegnen sie zwangsläufig immer mal wieder: Akute, teilweise heftige Kopfschmerzen (KS). Manchmal begleitet von Übelkeit und/oder Erbrechen. Die Patienten wirken
manchmal sehr krank. Dennoch handelt es sich häufig um harmlose, also primäre Kopfschmerzformen (z.B. eine Migräneattacke). Schwierigkeiten entstehen zwangsläufig bei Erstauftreten und bei sehr
starker Intensität (Schmerzskala 10/10). Daher hier einige Anmerkungen zum Vorgehen:


Unter http://ihs-classification.org/de/ findet man die offizielle und weltweit gültige Klassifikation aller Kopfschmerzarten auf
deutsch. In der Akutsituation sollte man u.a. Folgendes bedenken: 

  • Ist der Kopfschmerz bekannt in der Art, Intensität und in der Begleitsymptomatik? (Gutes Zeichen)
  • Besteht evtl. eine Migräne? Wenn ja: Mit oder ohne Aura (Aurasymptome sind z.B. Sehstörungen im Sinne eines Flimmerskotoms, sensible Störungen, Sprachstörungen. KEINE LÄHMUNGEN)? Wenn o.g.
    Symptome bestehen, dann sollten sie nach spätestens 60 Minuten wieder verschwinden/verschwunden sein (der Kopfschmerz folgt auf die Aura).
  • Ist der Kopfschmerz neu/unbekannt/anders als die Kopfschmerzen, die der Pat. kennt? (Schlechtes Zeichen bzw. erhöhte Aufmerksamkeit ist gefordert!)

 

Was tun beim neuen/anderen Kopfschmerz? 


Eine Kardinalfrage ist, ob der Kopfschmerz plötzlich/schlagartig eingesetzt hat. Ist dies der Fall, so ist zwingend eine Subarachnoidalblutung (SAB) auszuschließen

  • Bestehen infektiöse Konstellationen (Fieber? Entzündungszeichen?) oder neurologische Ausfälle so ist eine Meningitis/Enzephalitis/Sinusthrombose abzuklären
  • Bestehen Risikokonstellationen (Immunsuppression? Tumorerkrankung? Postpartale Phase? Thromboseneigung?)?
  • Besteht eine einseitige Projektion auf Hals/Gesicht/Nacken? Kann eine Gefäßproblematik (Carotis- oder Vertebralisdissektion) vorliegen?

 

Ein neuer/unbekannter Kopfschmerz erfordert in der Regel eine zerebrale Bildgebung zum Ausschluss einer sekundären (symptomatischen) Kopfschmerzgenese. In der Mehrzahl der Fälle reicht ein
natives CT Schädel. Hierdurch können die meisten in der ZNA relevanten sekundären Kopfschmerzerkrankungen erkannt werden. Ausnahmen sind die Sinus- oder Hirnvenenthrombose, wo nur die
Stauungsblutung oder andere indirekte Zeichen gesehen werden können. Das heißt im Zweifel CT mit venöser Angiografie. Ebenso kann eine Gefäßproblematik natürlich nur mit der (arteriellen Phase)
der CT-Angiografie erfasst werden. Bei jungen Pat. ist wenn immer möglich das MRT zu bevorzugen.

Leider gibt es die Problematik einer CT-negativen SAB (selten). Deswegen sollte bei klassischer Anamnese (schlagartiger,heftigster Kopfschmerz oder Vernichtungskopfschmerz)
nach dem CT (Hirndruck?) eine Lumbalpunktion erfolgen, welche frühestens vier Stunden nach Beginn der Kopfschmerzen erfolgen sollte (also bei negativem CT ruhig warten bis
diese vier Stunden Frist vergangen ist). Bezüglich der Technik sei auf die Leitlinie Lumbalpunktion der DGN verwiesen:

 

http://dgn.org/inhalte-a-z/494-leitlinien-der-dgn-diagnostische-liquorpunktion-.html 

 

In der Akutsituation achtet man vor allem auf das Aussehen des Liquors (inkl. 3-Gläser-Probe; Blut? Sideroblasten?), die Zellzahl, das Eiweiß im Liquor sowie Glucose und Lactat im Liquor.
Meningitis/Enzephalitis lassen sich durch eine Zellzahlerhöhung (Pleozytose) feststellen. Hier ist der schnelle Beginn von Antibiose (Rocephin und Ampicillin) sowie antiviraler Therapie
(Aciclovir iv 10 mg/kg Körpergewicht, d.h. in der Regel 750 mg iv 1-1-1 was an Körpergewicht und Nierenfunktion angepasst werden muss) entscheidend. Im Zweifel lieber alle 3 Medikamente beginnen
und später wieder absetzen als verzögert zu behandeln.

 

Zusammengefasst sind neben der etwas ausführlicheren Anamnese (Neuer KS? Schlagartig oder langsam entstanden? Intensität? Lokalisiert? Begleitsymptome?), der klinischen Untersuchung (Gibt
es ein fokal-neurologisches Ausfallsymptom?Meningismus?) in erster Linie Schädel-CT sowie Labor (Leukozytose?CRP erhöht?) wichtig. Umgekehrt ergibt sich aus dem o.g., dass ein Pat. mit einem
bekannten KS (z.B. bekannte Migräne) und einer regelrechten Untersuchung (inkl. Temperatur, Vitalparameter [Blutdruck!] etc)
keine Akutbildgebung braucht. Sofern noch
nie erfolgt, sollte jeder  (primäre) Kopfschmerzpatient einmalig eine MRT des Schädels erhalten (muss aber nicht im Akutkrankenhaus sein).

 

Zum Abschluss noch der Link zur Leitlinie der DGN:

http://dgn.org/inhalte-a-z/457-leitlinien-der-dgn-diagnostik-und-apparative-zusatzuntersuchungen-bei-kopfschmerzen.html

 

Viel Erfolg beim nächsten Kopfschmerz

 

Noch eine kleine Anmerkung von mir: Die Notwendigkeit einer LP nach unauffälligem cCT ist derzeit im angloamerikanischen Raum Gegenstand intensiver Diskussion. Auf einen etwas anderen
Standpunkt sei hier hingewiesen (ein Audio-Podcast der Kollegen von Keeping Up in EM):

 

http://keepingup.vanderbiltem.com/images/summaries/1-september-2011.pdf

http://keepingup.vanderbiltem.com/images/podcast/keeping_up_update_v07.m4v

 


 


 

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *