Meldungen (4)

Ich habe die letzte Zeite die medizinischen News verfolgt und eine Auswahl zusammengestellt. Dies hat nun eine ganze Menge ergeben!

Lobbying in Bundesbern

Die mächtigen Einflüsterer im Bundeshaus, tagesanzeiger.ch: (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz), 15. Sep. 2011

Einer der mächtigsten [Lobbyistenverterter] ist Thomas Cueni, Chef des Pharmaverbandes Interpharma. Der Verband setzt sich seit Jahren dafür ein, dass die Parlamentarier keine medizinischen Parallelimporte zulassen – bislang erfolgreich.

Ja, zum Heimatschutz der “bedrohten Art” der grossen und reichen Pharmaunternehmen. Deren Schutz ist natürlich wichtiger als die Krankenkassenkosten für die Bevölkerung (durch mehr Wettbewerb) einzudämmen.

Manchmal arbeiten die Interpharma-Lobbyisten auch zusammen mit Reinhard Voegele, dem Gesandten des Spitälerverbundes H+. Etwa, wenn es darum geht, dass gewisse Medikamente oder Behandlungen von den Krankenkassen übernommen werden.

Ist das auch im Sinne der Patienten? Warum setzen sich die Patienten und Betroffenen nicht selber ein?

Klar, alle zugelassen Medikamente und Behandlungen müssen dann von den Krankenkassen bezahlt werden. Das steigert die Umsätze.

Warum nehmen die Krankenkassen neue nützliche Medikamente und Behandlungen nicht von sich aus auf ihre Liste? Ist am Ende gar nicht so klar, ob die neuen Medikamente und Behandlungen wirklich so nützlich und wirksam sind?

Einen besseren Umgang mit Lobbying kann durch mehr Transparenz erreicht werden. Einen persönlichen Beitrag kann durch die Unterstützung der Transparenzinitative gemacht werden.

Ghostwriting

Klemperer D. Gegen ghost writing. Die Herkunft von Studien offen legen – schwierig aber notwendig, Forum Gesundheitspolitik, 3. Sep. 2011

Matheson bezeichnet die Leitlinine des ICJME daher nicht als Hindernis sondern als Vehikel zur Vertuschung des Ursprungs einer Studie und ihrer Autorschaft für Marketingzwecke.

Zur Abhilfe empfiehlt er eine grundlegende Revision der ICMJE-Leitlinien mit dem Ziel, die Urheberschaft von Studien und die Beiträge aller Personen und Organisationen wahrheitsgemäß darzustellen.

In derselben Ausgabe von PLoS Medicine argumentieren Simon Stern und Trudo Lemmens, dass es sich bei ghost bzw guest authorship sowohl von Seiten des guest authors als auch von Seiten der Industrie rechtlich um Betrug handelt, was entsprechend bestraft werden sollte.

Deutsche Meldungen

Ein Neurologe warnt vor zu vielen Hirnbildern, Tages-Anzeiger, 17. Sep. 2011

Zürichs Kliniken werden technologisch aufgerüstet mit Tomografie-Geräten aller Art. Für Chefarzt Jürg Kesselring geht die einseitige Ausrichtung auf diese bildgebenden Verfahren zu Lasten der Patienten.

Kesselring zitierte Paracelsus, um anschliessend den aktuellen Trend in den Neurowissenschaften scharf zu kritisieren: «Man tut heute so, wie wenn man mit den Bildern den Menschen erfassen könnte. Aber das kann man nicht.»

Die Technik in der Medizin ist hilfreich, aber wie Jürg Kesselring sagt, besteht die Gefahr, dass man sich nur auf einzelne Parameter beschränkt und so den Blick für das Ganze verliert.

Grausame US-Experimente in Guatemala: Amerikanische Untersuchungskommission deckt weitere Ungeheuerlichkeiten auf, Neue Zürcher Zeitung, 31. Aug. 2011
Syphilisversuche in Guatemala vor mehr als 60 Jahren: Menschen als Versuchskaninchen der USA, sueddeutsche.de, 30. Aug. 2011

Die im letzten Oktober aufgedeckten Experimente, bei denen zwischen 1946 und 1948 in Guatemala Hunderte von Sträflingen, Soldaten und Patienten ohne ihr Wissen mit Geschlechtskrankheiten infiziert worden waren, um die Wirksamkeit von Penicillin zu testen, wurden nach den Erkenntnissen einer amerikanischen Untersuchungskommission absichtlich verheimlicht, weil die Beteiligten wussten, dass sie die Grenzen ethischer Forschung überschritten hatten.

Um menschenverachtende medizinischen Versuche zu verhindern werden heute Ethik Richtlinien angewandt. Diese verlangen, dass die Patienten informiert werden und die Forschung bewilligt wird. Im Deutschen Sprachraum wird das Bewilligungsgremium Ethikkommision und in den USA Institutional Review Board (IRB) genannt.

Einschub: Kürzlich wurde ein Fall zu diesem Thema aufgedeckt. Der Anästhesie-Forscher Prof. Dr. Joachim Boldt aus Ludwigshafen hat in seinen Publikationen gegen diese und weitere Regeln verstossen. 89 seiner total ca. 100 Forschungspublikationen werden deshalb aus der wissenschaftlichen Literatur gestrichen. Die Untersuchungen ist noch nicht abgeschlossen.

Die Schweiz, das Land der Ritalin-Kinder, tagesanzeiger.ch: (miw/sda), 24. Aug. 2011

Trotzdem stellen sich Fragen: Die Verschreibungspraxis ist nämlich keineswegs einheitlich. Im Tessin ist der Anteil der Bezüger – bei ähnlichem Wachstum – etwa fünf Mal tiefer als in der Deutsch- und in der Westschweiz. Dass es dort weniger ADHS gebe oder dass dort eine Unterversorgung herrsche, sei kaum plausibel, heisst es in der Studie.

«Sie können beruhigt sein: Ich habe durchaus Gefühle», Tages-Anzeiger, 17. Aug. 2011

Das Bundesgericht hat beim Medikament Myozyme entschieden, dass pro gerettetes Lebensjahr 100’000 Franken die Obergrenze seien. Doch das Bundesamt für Gesundheit will das Medikament kassenpflichtig machen. Offenbar mit Ihrem Segen.
Egal, bei welcher Krankheit und welchem Medikament: Ich halte nichts von pauschalen Limiten für Behandlungskosten. Unser Gesundheitssystem kommt ohne Rationierung aus. Aber wir müssen die medizinischen Behandlungspfade effizienter gestalten.

Auch bei den Fallpauschalen stossen Sie auf Widerstand. Die Spitäler weigern sich, die Diagnosen an die Kassen zu liefern. Wie wollen Sie den Konflikt lösen?
Es sollen nur jene Daten übermittelt werden, die tatsächlich zur Kostenkontrolle nötig sind. Sonst entsteht der Eindruck, die Daten würden für einen anderen Zweck verwendet. Im Abkommen, das nun gescheitert ist, konnte der Eindruck entstehen, dass zu viele Daten fliessen. In der Verordnung werden wir das nun so regeln, dass diese Ängste abnehmen.

Ärzte verschwenden acht Milliarden Euro, Spiegel Online, 14. Sep. 2011

Vor allem bei den Medikamenten sieht Schwabe ein erhebliches Einsparpotential: 4,7 Milliarden Euro könnten ohne Qualitätseinbußen in der Therapie eingespart werden. Dazu sei es notwendig, dass konsequenter sogenannte Nachahmerpräparate (Generika) verordnet würden. Zudem sollten anstelle von teuren Analogpräparaten mit keinem oder nur geringem Zusatznutzen gleichwertige patentfreie Präparate verschrieben werden.

Da stelle ich mir die Frage: Warum verschreiben, denn die Ärzte nicht die Generika? Sie haben es in der Hand. Generika sind ja wissenschaftliche gleichwertige Medikamentenkopien.

Mehrheit für Schaffung einer Einheitskrankenkasse: Ergebnis einer Umfrage des Krankenkassenverbandes Santésuisse, NZZ Online, 8. Sep. 2011
Gute Chancen für die Einheitskasse, tagesanzeiger.ch: (ami/sda), 8. Sep. 2011

Laut der Umfrage sondage santé 2011 des Krankenkassenverbandes santésuisse erachten 80 Prozent der Befragten das Sparen im Gesundheitswesen als «eher» oder «sehr» dringend.

Die sondage santé-Umfrage zeigt auch eine Reihe von Wissenslücken über das Gesundheitssystem auf. 90 Prozent der Befragten überschätzten den Anteil der Verwaltungskosten: Sie glaubten, dass sie im Schnitt bei rund 30 Prozent der Gesundheitskosten lägen. Dabei machten sie nur etwa 5 bis 6 Prozent aus.

Anstatt sich um die 5% der Krankenkassen zu kümmern, wäre es wirksamer sich auf die anderen 95% der Kosten im Gesundheitswesen zu konzentrieren. Das Sparpotential ist dort um einiges grösser, siehe obige Meldung.

Höherer Selbstbehalt bei freier Arztwahl –Ständerat sagt Ja zu Managed Care, tagesanzeiger.ch: (wid/sda), 14. Sep. 2011

Wer auch in Zukunft seinen Arzt frei wählen will, muss eine Erhöhung des Selbstbehalts von 10 auf 15 Prozent hinnehmen. Der Ständerat hat den umstrittenen Vorschlag abgesegnet und an den Nationalrat weitergeleitet.

Und wieder steigen die Krankenkassenprämien, tagesanzeiger.ch: (ami/sda), 13. Sep. 2011

Online-Vergleichsdienste sagen für 2012 einen moderaten Anstieg der Krankenkassenprämien um 3 bis 5 Prozent voraus. Besonders die Jungen müssen wieder tiefer in die Tasche greifen.

Kein Ärztemangel – aber nur dank Ausländern, tagesanzeiger.ch: (ami/sda), 16. Sep. 2011

Die Kantone diskutieren laut dem Basler Gesundheitsdirektor Carlo Conti derzeit darüber, zusätzliche Studienplätze bereitzustellen. Die Studierenden müssten sich dabei verpflichten, bei der Hausarztmedizin zu bleiben. «Wir brauchen nicht zusätzliche Schönheitschirurgen», gibt Conti zu bedenken.

Schweizer Forscher finden Ursache von Schlafkrankheit: Defekt für eine Form der Krankheit verantwortlich, NZZ Online, 9. Sep. 2011

Lausanner Forscher haben eine genetische Mutation gefunden, die eine Form der Schlafkrankheit Narkolepsie auslöst. Das Gen scheint auch bei Krankheiten wie Depression, Schizophrenie oder Multipler Sklerose eine wichtige Rolle zu spielen.

Lachen hebt die Schmerzgrenze, Spiegel Online, 14. Sep. 2011

Endorphine, mitunter auch als Glückshormone bezeichnet, sollen eine wichtige Rolle bei der Schmerzverarbeitung spielen und dem Organismus bei der Bewältigung von physischem und psychischem Stress helfen. Bisher wurde dieses Phänomen vor allem mit großer physischer Anstrengung, wie Laufen, in Verbindung gebracht.

Embryonale Stammzellen: Wo sind die Naiven?, sueddeutsche.de, 14. Sep. 2011

Mit seinem Team sucht er nun nach Aufzuchtbedingungen, unter denen die Zellen ihr unverfälschtes Potential bewahren. Denn es werden die besonders naiven Zellen sein, welche die Wissenschaft am besten nutzen kann – schon allein deshalb, weil sich vermutlich nur diese mit guten Erfolgen genetisch manipulieren lassen.

Mit Hilfe genetischer Tricks wollen Forscher aus diesen Zellen Vorläuferzellen für alle möglichen Gewebe züchten, um eines fernen Tages die verschiedensten Krankheiten zu heilen: Herzvorläuferzellen für Infarkt-geschädigte Herzen, Muskelvorläuferzellen für Patienten mit Muskelschwäche und Nervenvorläuferzellen als Ersatz für zerstörtes Nervengewebe.

«Das ist doch pervers», Tages-Anzeiger, 14. Sep. 2011 Unterschiedliche Interessenlagen

Pharmariese Roche greift in Griechenland durch, tagesanzeiger.ch: (rub/sda), 17. Sep. 2011

Englische Meldungen

J&J Pays $85M Fine Over Natrecor Marketing Ah, wieder einmal eine kleine Busse für Off-Label-Marketing
J&J Unit Agrees to $85 Million Fine for Misbranding Drug, Bloomberg

Universities’ Lobby Pushed Obama to Keep Conflicts From Public  Warum nur soll die Öffentlichkeit nicht erfahren welche zusätzlichen Finanziellen Arragements öffentliche unterstützte Forscher haben?

How Roche Took Taxpayers for $1.4B by Charging $2,000 for Drugs That Could Cost $7 Lucentis vs Avastin aus US-Perspektive

FDA Panel On Bone Drugs And Conflicted Members, Pharmalot, 9.9.2011

“The FDA makes sure that these panels are balanced with one industry and one consumer representative. But you lose this balance when you have these professors who serve as proxies for industry,” says Paul Thacker, an investigator with the Project On Government Oversight and a former US Senate investigator.

Zur Auflockerung zum Abschluss ein Bildchen:

Pooh Corner Rx
via myconfinedspace.com

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