“Heute auch schon eine schlechte Mischung von Körpersäften durchgemacht? Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle waren nicht im Lot?” Falls Sie diese oder ähnliche Aussagen von einem Mediziner hören, leben Sie entweder in der Antike oder sollten besser unauffällig einen anderen Arzt aufsuchen (Anmerkung Chefarzt). Übrigens stammt der Eid des Hippokrates eher nicht von Selbigem.
Die illustrierte Geschichte der Medizin ist keine trockene Abhandlung von medizinischen Daten sondern punktet mit guter Lesbarkeit sowie anschaulichen Illustrationen. Die Anfänge der Medizin in der Antike werden ebenso behandelt wie auch aktuelle Forschungen und ethische Diskussionen.
Wandeln wir zunächst von den Anfängen der antiken Medizin bis ins Mittelalter. Bereits im 12.Jhrd. gab es eine verbindliche Approbationsregelung für Ärzte. Folgenschwer war hier die Trennung von Chirurgie und Innerer Medizin. Fortan lagen die chirurgischen “niedrigen” Belange in den Händen von Badern, Bruch- und Steinschneidern usw. Die Rückbesinnung auf die Antike war im Mittelalter beherrschendes medizinisches Thema. Die Schwerpunkte lagen hier auf der Diätetik, diagnostisch beobachtete man Puls und Harn. Die Therapie war häufig die sogenannte Evakuation (Aderlass, Brechen, Abführen) sowie die Pharmazie.
Erst im Jahrhundert der Aufklärung gab es grundlegende Änderungen in der Medizin. Neue Konzepte des Gesundheits-Krankheits- und Heilverständnisses wurden entwickelt. Langsam aber sicher wurden die Organe als Träger von Krankheiten interessant. Aber weiterhin galt die ungünstige Säftemischung als Krankheitsursache.
Die physikalische Diagnostik und anatomisch-pathologische Beurteilung im 19. Jahrhundert waren bahnbrechend, wenn auch weiterhin eine häufige “einfältige Trias” mit Klistier, Aderlass und Erbrechen zum Zuge kam. Hier kam es dann auch zu einer Gegenbewegung der alternativen Heilverfahren (Stichwort: Weckung der Selbstheilungskräfte).
Nach dieser Übersicht gibt es im Hauptteil des Buches Kapitel zu Volkskrankheiten und Seuchen, die Entwicklung von Bakteriologie/Virologie, chirurgische und psychiatrische Ärzte in ihrem Wirkungskreis, Medizin und Elektrizität, die diagnostische Durchdringung des Menschen und die Revolution der pharmakologischen Therapie. Der Fokus von Illustrierte Geschichte der Medizin liegt also auf der Geschichte nach der Aufklärung.
Die Kapitel über Medizin und Diktatur im dritten Reich sowie die Entwicklung von medizinischen Hilfsorganisationen möchte ich besonders hervorheben. Abschließend geht es um Ethik in der Medizin sowie um die globale Verantwortung, die wir alle tragen.
Illustrierte Geschichte der Medizin ist ein idealer Schmöker für Mediziner und medizinisch Interessierte. Man kann es flüssig lesen und lernt einiges dabei. Das Selbstverständnis der heutigen modernen Medizin wird hier im Kontext der historischen Entwicklung hervorragend beleuchtet.
Illustrierte Geschichte der Medizin
erschienen beim Springer Verlag
Von der französischen Revolution bis zur Gegenwart
Eckart, Wolfgang U.
2. Aufl., 2011, X, 374 S. 325 Abb. in Farbe.
Geb., ISBN 978-3-642-20097-7
49,95 €
Artikel von: Monsterdoc