Dr. Med or How I Learned to Stop Worrying and Love the Studies of Medicine, Teil I
06:00 Morgens, müde, aufgeregt
Vor einer Woche dachte ich noch, ich hätte noch mindestens drei Wochen frei. Oooops. Nun heißt es -für mich völlig unerwartet- um sechs Uhr morgens aufstehen, um meine morgendliche Routine -Frühstücken, Duschen, Anziehen- zeitig zu beenden, um mich dann ohne Zeitdruck auf mein Fahrrad schwingen zu können und zur Uni zu fahren. Den Puffer von 20 Minuten kann ich nutzen, um mich zu verfahren. Frisch gewaschen stehe ich draußen vor meinem Rad, den Sonnenaufgang (!) beobachtend. Auf zur ersten Vorlesung des Klinischen Abschnitts des Studiums der Humanmedizin!
08:00 morgens ist wirklich pathologisch
Jetzt heißt es erstmal, das neue Gebäude zu finden. Das Pathologische Institut nämlich, wo man eigentlich wirklich ungern hin will. Ich bin mit zwei Kolleginnen unterwegs, und mit vereinten staatsexaminierten Gehirnen schaffen wir es, die Pathologie zu finden. Direkt gegenüber vom Friedhof. Hurra…? Wir treten ein und bemerken, dass der Hörsaal “Erstsemester”-freundlich ausgeschildert ist. Prompt sind wir in unserem neuen, zweiten Zuhause.
Da sitze ich nun, neben meinen engsten Freunden, und lasse meinen Blick über die Runde schweifen. Viele alte Bekannte, mit denen ich zwar sehr wenig zu tun habe, aber deren Anblick mich trotzdem erfreut. Da ich doch noch recht müde bin, frage ich die freundliche Dame, die gerade am Computer am Pult handwerkt, wo der Kaffeeautomat sei. Es gäbe hier keinen! Ob sie denn wenigstens eine Toilette im Institut haben, frage ich daraufhin schockiert. Durch die Tür, links. Geht klar!
Nachdem ich mich in der Toilette über den Mangel eines Kaffeeautomaten ausgeheult habe, beziehe ich wieder meinen Platz. Ein älterer Herr in weißem Kittel betritt den Saal, alles wird still, der Raum wird dunkel. Es geht los!
Das ist Pathologie!
Jetzt wird uns Neuklinikern bewusst, dass das Studium wieder losgeht! Wir werden begrüßt, uns wird zum bestandenen Physikum gratuliert. Doch das war’s dann auch wieder mit dem freundlichen Geplänkel, es gibt immerhin ein riesiges Fach, das hier abgehandelt werden muss! Doch zunächst einmal: Medizingeschichte! Am Eingang des Instituts blicken nämlich ein paar steinerne Büsten von steinernen Säulen auf die versteinerten Medizinstudenten herab. Wenn besagte Büsten nicht aus Stein wären, würden sie wahrscheinlich zueinander sagen:
“Hey Leute, schaut euch die da unten mal an. Ach, wie nett, diese Anfänger!”
Obwohl es recht interessant war zu hören, wer da so “hängt”, blieb nur der Name “Mogagni” hängen, der einen Paradigmenwechsel in der Pathologie hervorgerufen haben soll. Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an die dazugehörige Wikipediaseite.
Was ist nun Pathologie? Die genaue Definition ist mir entfallen, denn Auswendiglernen ist nicht gerade mein Forté (Hinweis: ich gehe trotzdem als Medizinstudent durch). Was ich dennoch aus den Kursen und Praktika mitgenommen habe ist:
Man nehme die Anatomie und die Histologie. Man füge ein bisschen Biochemie und Physiolgie hinzu, einen Esslöffel Biologie, und voilà: Pathologie! Die Lehre von allem, was wir in der Vorklinik gelernt haben, nun mit extra klinischen Bezügen! Sehr genießbar!
Premiere: Ich sehe etwas im Mikroskop
Ich habe Histologie nie gemocht. Für mich sahen alle Zellen gleich aus, ich kann bis heute nicht serös von mukös unterscheiden, und was zum Geier sind jetzt Arteriolen und was Venolen.
Dann habe ich für mein Physikum gelernt und festgestellt, dass alles, was ich so im ersten Semester mitnehmen sollte (Hinweis: Ich studiere an einem Ort, an dem man glaubt, Histo und Anatomie im ersten Semester würde abhärten), nach zwei Jahren gar nicht so tragisch sei.
Jetzt sitze ich im Pathohistologiekurs vor meinem Mikroskop. Ich stelle fest, dass man mit diesem Werkzeug tatsächlich das erkennen kann, wovon der Kursleiter die ganze Zeit redet und es nicht nur als Kopfstütze geeignet ist, wenn man mal unauffällig ein Nickerchen machen will. Da ist ein zu Grunde gegangener Glomerulus. Da ist die Media der Aorta zerrissen, eine Aortendissektion! Guck mal, Atheroskleroseplaques! Ich lerne sehr viel in diesen eineinhalb Stunden, die dann doch im Flug vergehen.
14:30: immer noch müde, aber motiviert!
Der erste Tag ist vorbei. Ich freue mich darauf, wieder nach Hause zu fahren und meinen (noch) freien Nachmittag zu genießen. Das Studium geht weiter, ich muss mich wieder an den täglichen Trott gewöhnen. Doch anders als in meinem anderen “ersten Semester” (sprich das erste vorklinische Semester) freue ich mich richtig auf den nächsten Tag.
Bis bald in Teil II, in dem ich erkläre, warum der “neue” Makrokurs einfach toll und Psychosomatik ein sehr erschreckendes Fach ist. Und warum ich unbedingt ein Cryospray haben will.