Die ärztliche Schweigepflicht ist eine der ältesten Pflichten des Arztes. Sie wird schon im Eid des Hippokrates (460 bis 370 v.Chr.) beschworen:
“…Was immer ich sehe und höre, bei der Behandlung oder außerhalb der Behandlung, im Leben der Menschen, so werde ich von dem, was niemals nach draußen ausgeplaudert werden
soll, schweigen, indem ich alles Derartige als solches betrachte, das nicht ausgesprochen werden darf…”
In Deutschland regelt zunächst einmal das Strafgesetzbuch die Schweigepflicht. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe kann der bestraft werden, heißt es im Paragrafen 203, wer…
“…unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
…Arzt …anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist…”
Darüber hinaus regeln die Berufsordnungen der Ärztekammern die Schweigepflicht. In der Musterberufsordnung der Bundesärtzekammer heißt es:
“Für jede Ärztin und jeden Arzt gilt folgendes Gelöbnis:….
Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der
Patientin oder des Patienten hinaus wahren..”
Die Berufsordnungen der Ärztekammern in den einzelnen Bundesländern richten sich nach dieser Musterberufsordnung. Sie sehen Verwarnungen, Geldstrafen oder den Entzug der Mitgliedschaft für den Verstoß gegen die Schweigepflicht vor.
Die Schweigepflicht ist verbunden mit einem Zeugnisverweigerungsrecht, wie es in Paragraf 53 der Strafprozessordnung festgelegt ist. Das Zeugnisverweigerungsrecht bedeutet, dass der Arzt (in der Regel) nicht gezwungen werden kann, seinen Patienten vor Gericht zu belasten.
Die ärztliche Schweigepflicht gilt grundsätzlich gegenüber jedem und betrifft grundsätzlich alle Tatsachen, die der Arzt im Sprechzimmer oder beim Hausbesuch gehört oder gesehen oder sonst wahrgenommen hat. Das heißt, die Schweigepflicht gilt auch gegenüber dem Ehemann / der Ehefrau, den Kindern und anderen Verwandten. Der Arzt ist auch gegenüber den Eltern an die Schweigepflicht gebunden, wenn die Kinder über 15 Jahre alt sind (abhängig im Einzelfall von der Entwicklung des Kindes).
Die Schweigepflicht des Arztes endet nicht mit dem Tod des Patienten.
Die Schweigepflicht betrifft nicht nur medizinische, sondern alle persönlichen Belange des Patienten, z.B. auch finanzielle Angelegenheiten oder sexuelle Vorlieben.
Die Schweigepflicht ist so umfassend, dass der Arzt z.B. nicht mal der Polizei oder der Ehefrau die Frage beantworten muss, ob Sie heute bei in Behandlung waren oder gerade im Wartezimmer der Praxis sitzen.
Auch die Angestellten des Arztes sind zum Schweigen verpflichtet. Der Arzt muss seine Angestellten regelmäßig an diese Pflicht und an die Konsequenzen eines Verstoßes dagegen erinnern.
Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber anderen Ärzten. Suchen Sie einen Spezialisten mit der Überweisung Ihres Hausarztes auf, so kann dieser in der Regel davon ausgehen, dass er Ihren Hausarzt informieren darf. Sie können aber beim Spezialisten definitiv den Wunsch anmelden, dass Ihr Hausarzt nicht informiert werden soll. Das gleiche gilt natürlich auch für das Krankenhaus.
Sie können Ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Häufig wird das von Ihnen zum Beispiel beim Abschluss einer Lebensversicherung von Ihnen verlangt.
In einigen Punkten ist der Arzt von der Schweigepflicht per Gesetz entbunden. Er muss z.B. die Diagnosen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen mitteilen, um die Abrechnung zu ermöglichen oder die Arbeitsunfähigkeit zu begründen.
Sie können mit Ihrem Arzt über alles reden
Insgesamt ist die Schweigepflicht des Arztes ein hohes Gut, ohne die eine vertrauensvolle ärztliche Behandlung gar nicht möglich wird.
Besprechen Sie mit Ihrem Arzt nicht nur die medizinischen Details Ihrer Beschwerden. Reden Sie über alles, was Sie bedrückt. Für einen guten Hausarzt ist es wichtig zu wissen, ob Sie z.B. gerade arbeitslos geworden sind, Ihr Mann oder Ihr Freund fremd geht oder Ihre Frau / Ihre Freundin sich von Ihnen trennen will. Möglicherweise können Sie sich dadurch unnötige Untersuchungen ersparen. Und Sie können sicher sein: Kein Wort wird das Sprechzimmer verlassen.
Quellen
Bundesärztekammer: (Muster-)Berufsordnung
Dtsch Arztebl 2005; 102(5): A-289 / B-237 / C-224: Die ärztliche Schweigepflicht
Gesetze im Internet: Strafgesetzbuch