Der Augenarzt verschreibt dem Patienten Azopt Augentropfen – das ist ein Mittel gegen erhöhten Augeninnendruck (Glaukom). Ich erkläre dem Mann die Anwendung und er geht seines Weges.
Am nächsten Tag kommt er zurück in die Apotheke.
Mann: „Ich habe die Packungsbeilage gelesen….“
Pharmama denkt: Uh, oh…
Mann: „…und die Nebenwirkungen, die sind wirklich …“
Pharmama: „beängstigend?“
Mann: „Ja! Haben sie gelesen, was da alles drinsteht?“
Pharmama denkt: Ich kann es mir vorstellen. „Darf ich ihnen ein paar Sachen erzählen über die Nebenwirkungen?
Erstens: Man muss nicht alles bekommen, was da drin steht – die meisten Leute haben sogar keinerlei Probleme. Sie müssen aus rechtlichen Gründen einfach alles hineinschreiben, was irgendwie vorkommen kann. Lassen Sie uns das doch einmal zusammen anschauen.“
Da steht:
Häufig (bis zu 10 von 100 Personen). Auswirkungen auf das Auge: Verschwommensehen, Augenreizung, Augenschmerz, Augenausfluss, Augenjuckreiz, trockenes Auge, anomale Sinnesempfindungen des Auges, Augenrötung; Juckreiz am Augenlid, Rötung oder Schwellungen des Augenlids…..
Pharmama: „Ich würde sagen, das kann bei allem auftreten, mit dem ihr Auge in Berührung kommt. Staubkorn, Schwimmbadwasser … und so weiter.“
Auswirkungen auf den Körper: schlechter Geschmack, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit.
Pharmama: „Das liegt daran, dass ein Teil der Tropfen in den Körper aufgenommen wird – es läuft ihnen durch den Tränenkanal in die Nase und von da in den Mund. Man kann den Teil aber sehr verringern, wenn sie gleich nach dem Eintropfen der Augentropfen mit den Fingern Druck aufüben auf die Nasenwurzel, gleich beim Auge – dann schliessen sie den Tränenkanal und es kommt nicht soviel durch.“
Patient: „Das hat mein Augenarzt auch gesagt!“
Pharmama: „Ja, sehen Sie.“ denkt: das ist immer gut, wenn zwei genau dasselbe erzählen.
„Dann kommen wir schon zu den Sachen, die weit weniger häufig auftreten:“
Gelegentlich (bis zu 10 von 1000 Personen)…
Pharmama: „Haben sie die Tropfen überhaupt schon genommen?“
Mann: „Nein, das fand ich zu abschreckend.“
Pharmama: „Hat ihnen der Arzt erklärt, weshalb sie die Tropfen brauchen?“
Mann: „Er meinte mein Augeninnendruck sei zu hoch.“
Pharmama: „Und wissen Sie, was das für Sie bedeutet?“
Mann: „Nicht so genau …“
Pharmama: „Wenn der Augeninnendruck zu hoch ist, kann das die Sehnerven schädigen und zwar nicht umkehrbar. Man sieht immer schlechter. Ich denke, es ist das kleinere Übel, wenn Sie die Augentropfen nehmen, wie der Augenarzt Ihnen verschrieben hat …
… falls bei Ihnen wirklich Nebenwirkungen auftreten, kommen sie doch noch mal vorbei. Aber wenn Sie es nicht versuchen, wissen Sie das nicht. Und der Nutzen der Augentropfen ist sicher höher als das Risiko – vor allem, wenn Sie sie so anwenden, wie ich Ihnen vorher gezeigt habe.“
… der Mann scheint beruhigt, bedankt sich und verspricht die Augentropfen anzuwenden. Und ich habe das Gefühl, gute Arbeit geleistet zu haben.
Aber ich verstehe ihn gut. Da denkt man, man bekommt etwas so einfaches wie Augentropfen und dann steht das in der Packungsbeilage:
Auswirkungen auf den Körper: verringerte oder unregelmässige Herzschlagfrequenz, verringerte Herzfunktion, Brustkorbschmerzen, Asthma, erschwerte Atmung, Kurzatmigkeit, Schwindelgefühl, Schläfrigkeit, eingeschränktes Erinnerungsvermögen, Depressionen, Schlafstörungen, Nervosität, Reizbarkeit, Müdigkeit, allgemeines Schwächegefühl, Verwirrtheit, Schmerzen, Zucken, Ohrgeräusche, verringertes Lustgefühl, Erektionsprobleme, Erkältungssymptome, Engegefühl in der Brust, Husten, Nasennebenhöhlenentzündung, Rachenreizung, anomales oder verringertes Gefühl im Mund, Speiseröhrenentzündung, Bauchschmerzen, Übelkeit, Magenbeschwerden, Durchfall, Blähungen, Magendarmbeschwerden, Nierenschmerzen, Muskelschmerzen, Muskelzucken, Rückenschmerzen, Nasenbluten, trockene Nase, laufende Nase, verstopfte Nase, Niesen, Ausschlag, anomales Hautgefühl, Jucken, Haarausfall.
Steht da irgendetwas *nicht* drin?
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