Bereits im vorletzten Blogbeitrag über Sierra Leone ging es um Abschiede. Dieses Mal berichten die Ärzte Dr. Werth und Dr. Flüthmann, die im Armenhospital der Ärzte für die Dritte Welt – German Doctors in Buda auf den Philippinen waren, von ihrem Abschied und schauen zurück auf ihre Arbeit.
„Der Abschied aus Buda fällt uns nicht leicht. Wir haben viel gearbeitet, oft sind wir abends völlig erschöpft ins Bett gefallen und wurden doch nachts gleich wieder zu einem Kind gerufen. Wir haben unseren Auftrag hier verflucht, Rotz und Wasser geheult, uns für alles, eben auch für die Kinder, denen nicht mehr zu helfen war, verantwortlich gefühlt. Unsere letzten Tage sind vorbei, wir haben die Taschen gepackt und die Übergabe an die Nachfolgerin gemacht.
Und wir fragen uns natürlich: War es das wert? Die Antwort ist leicht: Ja!
Wir konnten etwas abgeben, manche würden es „Überschuss“ nennen. Unsere primäre Motivation hierher zu kommen, war einmal über unser privilegiertes Leben hinauszublicken, das Leben, in dem wir mit gutem Gehalt, sechs Wochen Jahresurlaub, funktionierendem sozialen Netz und gesetzlicher Krankenversicherung immer noch manchmal meinen Grund zum Jammern zu haben. Wir wollten endlich einmal etwas abgeben von unserem großen Glück. Dahin gehen, wo der Zugang zu Medikamenten, Operationen, lebensrettenden und doch manchmal so banalen Behandlungen nicht so selbstverständlich ist, wie bei uns zu Hause. Schnell haben wir gemerkt, wie nötig die Hilfe gebraucht wird. Schon auf der Fahrt vom Flughafen nach Buda sahen wir den ersten, etwa zehnjährigen Jungen mit Klumpfüßen, der nicht behandelt worden war. In Deutschland wäre dies undenkbar. Aber auch Kinder, die nach tagelangem Husten „aus dem letzten Loch pfeifen“ und mit ein wenig Inhalation plötzlich wieder freier atmen können…die Dankbarkeit der Eltern war manchmal kaum zu ertragen. Wo in Deutschland Eltern schimpfen, weil sie in einer vollen Wochenendambulanz auch mal zwei Stunden warten müssen, da sitzen hier Eltern mit zum Teil schwer kranken Kindern. Sie haben alle Geduld der Welt und würden niemals drängeln, weil sie wissen, die anderen Kinder sind auch krank, und sie vertrauen (zu Recht) darauf, dass jeder so schnell wie möglich und nötig dran kommt. Diese Eltern haben uns eine wichtige Lektion in Bescheidenheit und Demut gelehrt…
Trotz regelmäßiger Arztwechsel wird man in Buda sofort herzlich aufgenommen, man darf an allen Feierlichkeiten und Vergnügungen teilnehmen, fechtet aber auch ähnliche Konflikte bei der Arbeit aus wie daheim. Man ist „mittendrin statt nur dabei“ und in ruhigen Momenten erzählen die Kollegen bereitwillig über ihre Traditionen, Besonderheiten und erklären auch ihre Macken. So weisen Filipinos mit den Lippen Richtungen an und bejahen Fragen stets mit einem stummen Hochziehen der Augenbrauen. Man hat versucht, uns sämtliche kulinarische Besonderheiten probieren zu lassen, kann immer noch nicht verstehen, dass es uns vor den halb ausgebrüteten Eiern graut. Einen so engen und intensiven Kontakt wie hier hätten wir auf keiner Urlaubsreise finden können.
Wir haben dazugelernt! Für den Einsatz in Buda braucht man schon einige Jahre Erfahrung, die German Doctors schicken hierher nur Fachärzte. Die Mindestberufserfahrung von 1,5 Jahren gilt eher für andere Einsatzorte der Organisation
Und falls nach all diesen Argumenten immer noch einer Beweise sehen will, ob es sich gelohnt hat, uns vom Dienst freizustellen, so kommen hier, als Abschiedsgruß noch ein paar Fotos… Wir präsentieren Euch ein paar unserer schwer kranken, unterernährten Kinder aus Buda nach ihrer stationären Therapie.“
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