Was ist das Wichtigste im Leben? Darauf gibt es verschiedene Antworten: Glaube, Liebe, Reichtum, Glück… Evolutionsbiologen würden an dieser Stelle einwerfen, dass es in Wahrheit nur um die Erhaltung der Art geht und noch wichtiger: Die großzügige Weitergabe der persönlichen Gene.
Die erfolgreichen Arten der Gegenwart haben vielfältige Strategien entwickelt, damit dem Wichtigsten im Leben nichts im Wege steht. Für viele Arten ist es eine gute Lösung, zunächst mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit eines potenziellen Partners zu gewinnen. Das kann durch ein besonders auffälliges Verhalten erreicht werden wie Flattern, Hin- und Herspringen oder Tanzen. Besitzt man erst einmal Aufmerksamkeit des Objekts der Begierde, ist das die wichtigste Grundlage für den nächsten Schritt: Man muss das Gegenüber überzeugen, dass man auch WIRKLICH die beste Wahl für die Reproduktion ist. Oft reicht es schon, wenn man groß und stark ist oder besonders gesund wirkt. Ist das im Einzelfall nicht offensichtlich genug, muss eben etwas nachgeholfen werden: Accessoires wie bunten Federn oder dichtes Fell, Miniröcke oder ein geräumiges Haus können dagegen beim Menschen sehr hilfreich sein. Aber nicht immer ist alles ganz so einfach. Die Wege der Evolution sind unergründlich und oft sind ein paar Tricks nötig, um ans Ziel zu gelangen.
Der australische Laubenvogel hat zu seinem Leidwesen keine bunten Federn. Deshalb begeistert seine Zukünftige mit einem besonders schönen Nest. Erst baut er ihr eine Laube und anschließend dekoriert er diese mit allen möglichen Dingen aus der Umgebung, z.B. Knochen, Steine oder Schalen. Aber auch menschliche Abfälle wie Stofffetzen, Haargummies oder Strohhalme werden mit verbaut. Die Dekoration allein genügt ihm aber noch nicht. Der Vogel möchte sichergehen, dass seine Laube auch wirklich bleibenden Eindruck hinterlässt. Deshalb ordnet er die Dekoration auf dem Platz vor dem Haus so an, dass eine optische Illusion entsteht. Die großen Gegenstände kommen nach hinten und kleinere nach vorne. So entsteht eine Verkürzung des Raumes, und alle Objekte haben scheinbar die gleiche Größe. Über den Sinn dieses Nestbaus haben sich australische Forscher Gedanken gemacht. Vielleicht erscheinen die „künstlerisch“ begabten Männchen dem Weibchen einfach besonders attraktiv. Oder das Weibchen ist von dem Blick aus dem Fenster so abgelenkt, dass sie vergisst, dass sie sich ja eigentlich noch nach einem anderen Vogelmännchen umsehen wollte… Wer könnte die Bemühungen des Laubenvogels nicht verstehen.
Es gibt Theorien, dass sich unsere eigene sogenannte Kultur deshalb entwickelt hat, weil die Leute, die künstlerisch veranlagt sind, dem Geschlechtspartner besonders attraktiv erscheinen. Zum Glück haben sich aber die Hausbaukünste des Laubenvogels nicht auch beim Menschen durchgesetzt…
Ewelina