Tagebuch von Frieder Metz, Arzt in Nairobi
Baraka, Mathare Valley (Kenia)
Freitagmorgens gibt es immer eine Arbeitsbesprechung der „Abteilungsleiter“ im CCC (= Continuous Care Clinic). Es kommen Gemeindearbeiter, HIV-Berater, Clinical Officer, Labor- und Apothekenleitung, insgesamt etwa 15 Leute, um Besonderheiten der letzten Woche, Neuerungen, Statistiken und anderes miteinander auszutauschen. Barbara ist immer dabei, von den übrigen Ärzten immer ein anderer. Heute war ich dabei. Die Kenianer sprechen meist recht leise und zurückhaltend, ganz anders als die oft doch sehr lauten und dominierenden Stimmen, die ich von unseren Patienten in Ludwigshafen im Ohr habe. Es kamen viele Abkürzungen und Spezialausdrücke vor, sodass ich nur ca. die Hälfte verstanden habe. Es zeigt aber, dass doch recht viel Verwaltungsarbeit und Organisatorisches im Hintergrund abläuft, wir Ärzte sind davon weitgehend ausgenommen.
Das CCC liegt in einer ganz anderen Ecke des Slums, im Gelände der Methodistischen Kirche. Auf einer großen Wiese sind sechs bis acht große Container aufgestellt. Eingerichtet sind sie mit Büro-, Untersuchungs-, Behandlungs- und Beratungsräumen, Registratur, Archiv, etc. Hier werden sämtliche HIV-Patienten betreut.
Vormittags sind in der Ambulanz alle Bänke besetzt, es sieht nach viel Arbeit aus. 270 Patienten sind am Nachmittag gezählt, die sich dann doch gut verteilt haben. Auch ich habe bis 14 Uhr gut zu tun gehabt. Ein 14-jähriges Mädchen ist HIV-positiv, die beiden jüngeren Geschwister wurden deshalb heute getestet, erfreulicherweise negativ. Die Mutter war auch negativ. Eine Operation oder Bluttransfusion habe das Mädchen nie bekommen. Da bleibt leider nur der Verdacht auf Kindsmissbrauch. Die Mutter muss ähnlich gedacht haben.
Ein 10 Jahre altes Mädchen hat einen dicken Lymphknoten in der Leiste. Nach antibiotischer Behandlung hat sich nichts geändert. Die Blutsenkung ist hoch, wegen Verdacht auf Tuberkulose spreche ich mit dem CO (= Clinical Officer) Mark. Der denkt aber auch noch an eine Geschlechtskrankheit, was mir bei dem Alter des Kindes nie in den Sinn gekommen wäre.
Auf dem Rückweg von der Arbeit kommen wir immer wieder am Aussichtspunkt über dem Slum vorbei. Hier steht mitten im Müll ein großer Kaktus und treibt zahlreiche Blüten.
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