Es ist kurz vor zwei Uhr nachmittags, ich bin im postprandialen Leistungstief und beschäftige mich gerade damit, im Arztzimmer am PC… ach, tut ja nichts zur Sache, was ich da gerade mache.
Es klopft an der Tür.
„Wer stört?“
Die Tür geht einen Spalt weit auf..
„Hätten Sie einen Moment Zeit?“
Ein sorgfältig frisierter männlicher Kopf streckt sich vorsichtig ins Zimmerinnere. Der zugehörige Körper steckt in einem dunkelblauen Anzug.
„Schmidt mein Name, Firma Miraculopharm…“
„Was kann ich für Sie tun?“
„Ich würde mich gerne mit Ihnen über das neue Holladiol unterhalten…“
Ich unterdrücke ein Gähnen.
„Muss das sein?“
Ups, habe ich das jetzt wirklich gesagt?
Der Mund in dem Gesicht von Herrn Schmidt verzieht sich zu einem Lächeln.
„Im Übrigen gibt es da eine interessante Fortbildung….“
Momentmal… Fortbildung? Miraculopharm? Da war doch was! Florenz? Malediven?
„Kommenserein!“
Der Anzugträger kommt behende ins Zimmer geschwebt, streckt mir seine Hand entgegen und nimmt ungefragt auf dem einzig freien Stuhl Platz.
„Vielen Dank, dass Sie ein paar Minuten für mich übrig haben. Holladiol ist ein hoch wirksames, neuartiges Medikament…“
Karibik? Kalifornien? Mensch Junge, komm endlich zur Sache!
„…im Gegensatz zum Vorgängerprodukt bietet Holladiol erhebliche Vorteile…“
„Was lassen Sie denn springen?“
Herr Schmidt schaut mich verblüfft an.
„Machen wir uns doch nichts vor!“ sage ich und senke die Stimme, „Sie wollen das Zeug verkaufen und ich soll es verschreiben. Sparen wir uns das Drumherum und kommen wir gleich zur Sache. Ein Hunderter für jeden Patienten?“
Herr Schmidt schaut sich vorsichtig um. Dann öffnet er seinen Aktenkoffer.
„Sagen wir neunzig. Bar und ohne Quittung. Zehntausend als Vorschuss?“
Er schiebt mir ein Kuvert über den Tisch.
Dann räuspert er sich.
„Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!“
Er steht auf und geht. Gedankenverloren nehme ich den Holladiol-Hochglanzflyer in die Hand und befördere ihn in den Papierkorb. Zumindest ein paar Kugelschreiber hätte er ja dalassen können!