Nachdem neulich die Frage, ob Neuroleptika neurotoxisch seien, tendenziell bejaht werden musste, bin ich mal der Frage nachgegangen, ob die Psychose selbst auch neurotoxisch wirkt (also zum Untergang von Nervengewebe führt). Das scheint zwar nicht der Fall zu sein, aber Lern- und Anpassungsprozesse führen durchaus zu nachteiligen Auswirkungen auf die neuronalen Netzwerke:
Medikamente, die den natürlichen Verlauf einer Schizophrenie beeinflussen, haben insofern einen Nutzen, als sie den Patienten schnell wieder mit der realen Welt verbinden. Es ist nicht so sehr die Psychose, die Gehirnzellen abtötet (ausser im Fall eines psychotisch motivierten Suizids), sondern es sind Zeit und Ausmaß des psychotischen Verbindungsabbruches zur Realität, die die Fähigkeit zur Realitätskontrolle vermindern und zur Atrophie der synaptischen Verbindungen führen, die dieser Fähigkeit zugrunde liegen. Antipsychotika wirken diesem Prozess entgegen, indem sie den Patienten wieder mit seiner Umwelt in Verbindung bringen. Der gesamte Prozess ist ein Lernvorgang, der die synaptische Plastizität verändert, nicht die Zahl der Gehirnzellen.
Schizophrenia in Translation: Is Active Psychosis Neurotoxic? Schizophr Bull (2006) 32 (4): 609-613.
Eine frühzeitige Behandlung der Schizophrenie mit Neuroleptika verbessert die Chancen auf einen milderen Langzeitverlauf. Zuvor stabile Patienten, deren medikamentöse Behandlung unterbrochen wird, und die einen Rückfall erleiden, haben meist größere Probleme, ihr früheres Funktionsniveau wieder zu erreichen.
Neuroleptics and the Natural Course of Schizophrenia. Schizophr Bull (1991) 17 (2): 325-351