Winterliche Hausarztromantik auf dem Lande

Bad Dingenskirchen, an einem Abend im Januar. Leise rieselt der Schnee und Hausarzt Uwe sitzt mit Frau und zwei Kindern im heimischen Wohnzimmer und… verbringt den Abend halt so, wie ein Familienvater einen langen, dunklen Winterabend verbringt.
Kurz nach der Tagesschau geht das Telefon.
Uwe hat nämlich Dienst. Da er als Hausarzt noch ganz neu im Geschäft ist, hat er ziemlich oft Dienst. Schließlich sind Dienste ja die beste Gelegenheit, neue Patienten zu aquirieren. Wenn sich herumspricht, dass der junge neue Doktor sich nicht zu fein dazu ist, auch abends mal rauszukommen, auch im Winter, auch bei Neuschnee, dann muss das ja ein toller Doktor sein, der Neue.
Omma Kasuppke hat Rückenschmerzen.
“Könnense mir nicht eine Spritze geben?”
Uwe schüttelt den Kopf.
“Spritzen sind out. Neue wissenschaftliche Studien haben erwiesen…”
“Aber Doktor Grunznickel hat mir immer die Spritze gegeben!”
“Ja wissen sie, inzwischen hat sich einiges geändert in der Medizin!”
Uwe schreibt ein Rezept aus.
“Von den Tabletten dreimal täglich eine nehmen. Die wirken mindestens genauso gut wie die Spritzen!”
Omma Kasuppke schaut verstört auf das Rezept.
“Und wo krieg ich die her?”
“Na, aus der Apotheke natürlich!”
“Aber die hat doch schon zu!”
“Die Sankt-Nimmerleins-Apotheke in Jotwede hat heute Dienst und da kriegen Sie Ihre Tabletten…”
Omma Kasuppke schüttelt den Kopf.
“Und wie soll ich dahin kommen?”
“Können Sie nicht jemanden schicken? Einen Verwandten? Oder einen Nachbarn?”
Die Patientin seufzt.
“Ich hab doch niemanden… Können Sie mir nicht doch die Spritze geben?”
Uwe zuckt mit den Schultern.
“Aber die Tabletten…”
“Die nutzen mir gar nichts, wenn sie in de Apotheke liegen. Warum können Sie mir denn keine Tabletten geben?”
“Weil ich das nicht darf. Medikamente abgeben ist nun einmal Sache des Apothekers!”
“Aber der kommt doch abends nicht raus!”

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