Als zwei von 6 Ärzten haben wir diese Woche im Nairobi-Projekt in Kenia begonnen und werden die nächsten 6 Wochen hier vor Ort in der Baraka im Slum Mathare Valley arbeiten. Baraka (übersetzt Segen) – diesen Namen bekam das Health Center bei seiner Gründung vor 14 Jahren.
Unser „Doctors House“ liegt auf einem Hügel oberhalb des Mathare Valley. Morgens gehen wir zusammen mit den anderen Ärzten zu Fuß zum Baraka Health Center – etwa 15 Minuten Fußweg. Die Hälfte auf Wegen des Hotels auf dessen Gelände wir wohnen, die Hälfte im Slum. Der Wechsel ist nicht nur am Ende des Asphaltweges mit dann Lehmboden zu erkennen, sondern auch an dem vielen Müll, der die Slumwege pflastert, dem beißenden Geruch nach Fäkalien und den vielen entgegenkommenden Menschen auf dem Weg zur Arbeit.
Gesäumt ist der Pfad von Lehmhütten und auch betonierten Häusern mit Wellblech oder Ziegeldächern. Gerade die fest gebauten Häuser sehen von außen eigentlich recht gut aus und wurden im Rahmen eines Slumsanierungsprojektes errichtet, allerdings ist die Miete wohl so teuer, dass sich eine Familie ein solches Haus nur leisten kann, wenn alle Familienmitglieder in einem Raum schlafen. Auf dem Weg gibt es Straßenstände mit Süßigkeiten, Obst und anderen Kleinigkeiten und viele, viele Kinder beäugen uns neugierig oder brüllen uns „How are You“ zu.
Bei der Arbeit stehen wir vor neuen Herausforderungen – auch wenn es unser dritter Einsatz ist (vormals auf den Philippinen): Dieses bezieht sich zum einen auf die Krankheitsbilder, aber auch auf die vielen sozialen Probleme deren Folgen wir in unserer medizinischen Arbeit zu spüren bekommen.
Viele Krankheitsbilder sind denen in Deutschland ähnlich (Durchfälle, Lungenentzündungen oder einfach Husten im Rahmen eines grippalen Infektes (cough and cold). Aber bei vielen Patienten überlegen wir doppelt, ob nicht mehr dahinter stehen könnte: deuten die wiederkehrenden Infekte nicht vielleicht doch auf eine HIV-Infektion hin, kommt der chronische Husten vom Kochen mit Holzkohle oder könnte es nicht auch eine Lungentuberkulose sein? Und jeden Tag entdeckt mindestens einer der Ärzte, dass hinter Symptomen, die wir in Deutschland vermutlich als Grippe gedeutet hätten, eine Malariainfektion steckt. Zur weiteren Diagnostik all dieser Erkrankungen können Untersuchungen veranlasst und vor Ort durchgeführt werden, doch muss das Kosten-Nutzen-Verhältnis stets abgewogen werden, damit die Spendengelder möglichst effektiv eingesetzt werden.
Rückblickend nach einer Woche ist der Lernzuwachs dann aber doch erstaunlich und die sehr netten und gut informierten Mitarbeiter helfen uns, in die Arbeit hineinzukommen. Sehr erfreulich ist auch die Zusammenarbeit mit den anderen Ärzten im Team: wir kennen uns in internistischen Fragestellungen aus, die chirurgischen Kollegen kümmern sich um die Wunden, Knochenbrüche, Abszesse, und alle Kollegen wie auch die Langzeitärztin Barbara stehen jederzeit bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite, sodass man schwierige Fälle dann gemeinsam diskutieren kann. Nach 5 Arbeitstagen merken wir, dass die vielen neuen Eindrücke auch ganz schön Kraft gekostet haben, so genießen wir unser freies Wochenende und sind gespannt auf unsere zweite Arbeitswoche in Baraka.
Katja und Henning Kahnert
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