Ein Bericht von Luisa Stefanski, vom Armenhospital in Valencia, Mindanao
Es ist Abend und es regnet in Valencia City. Die Stadt ist wie verwandelt, man hört nur den Regen prasseln: kein Motorengeräusch, kein Karaokesänger, auch kein Hundegebell oder Vogelgezwitscher ist wie sonst zu dieser Stunde zu hören. Nach dem Abendessen sitzen wir auf der regensicheren Terrasse und lassen unsere Gedanken über den Tag schweifen. Spätestens um diese Stunde schätzt man es, mit einem Mitstreiter das Haus, das Essen und das Erlebte teilen zu können. Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse über die hiesigen Lebensbedingungen, die Organisation, die medizinischen Möglichkeiten oder die Patientengeschichten.
In Valencia gibt es insgesamt sieben Krankenhäuser: alle werden privat geführt. Man erfährt, dass die krankenversicherten Patienten ambulante Leistungen, Labor- und Röntgenuntersuchungen sowie einige Medikamente kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Laut offiziellen Angaben soll ca. 90 % der Bevölkerung krankenversichert sein. Die inoffiziellen Zahlen unserer Mitarbeiter zeigen für die Provinz Bukidnon (mit 1,6 Mio Einwohnern) eine Krankenversicherungsrate von nur ca. 50 %. Der Verlust des Arbeitsplatzes, der Tod/die Trennung vom Partner oder einfach arme Verhältnisse führen zu fehlenden finanziellen Mitteln, um die Krankenversicherung bezahlen zu können. Von Seiten der Politik seien immer wieder Initiativen zur “kostengünstigen Krankenversicherung für alle” gestartet worden – aber nach dem Wahlkampf sei dies wieder vergessen worden.
Das “German Doctors Hospital” will keine Konkurrenz für die philippinischen Institutionen sein. Vor einer kostenintensiven Behandlung (z.B. Hospitalisation, Operation, langfristige Betreuung von chronisch Kranken) wird zunächst die Bedürftigkeit des Patienten überprüft. Wenn man sich allerdings anhört, wie wenig hier z.B. schon die Lehrer verdienen, bekommt das Wort “Bedürftigkeit” eine ganz andere Bedeutung. Eins der großen Probleme der Patienten bleibt der Transport – auch wenn die Behandlung und die Medikamente kostenlos sind, manche Patienten können sich die Transportkosten kaum leisten.
Und doch beeindrucken die Menschen hier mit ihrem sozialen Einsatz für ihre Mitmenschen. Von unseren konsiliarischen Ärzten erfahren wir, dass diese für unsere Patienten ganz günstige Tarife anbieten. Unser konsiliarischer Chirurg zum Beispiel bekommt pro Patient bloß einen symbolischen Beitrag: dies sei seine “charity work”, an vier Tagen in der Woche! Wenn man sich bei ihm für seinen Einsatz bedankt, schaut er verschämt zu Boden. Wir erfahren, dass es ganz viele freiwillige Gesundheitshelfer in den umliegenden Bergregionen gibt. Sie werden von den “German Doctors” zu Themen der medizinischen Basisversorgung unterrichtet und verrichten dann unentgeltlich medizinische Hilfe für die jeweilige Gemeinde (vom Blutdruckmonitoring bis zum Behandlungspartner für Tuberkulosekranke).
Heute war auch “Mothers’ Classes”-Tag im Armenhospital. Man betritt einen großen Saal und ein geschäftiges Chaos empfängt einen: Frauen, die an den Nähmaschinen sitzen, Stoffe abmessen und Muster vorbereiten. Eine andere Gruppe soll lernen, mit einfachen Mitteln Flip-Flops herzustellen. Der Gruppe haben sich auch einige Männer dazugesellt: der praktische Charakter der “Mothers’ Classes” hat sich herumgesprochen. Währenddessen spielen die Kinder wild umher, sie werden hoffentlich auch vom Erlernten ihrer Eltern profitieren.
Ich habe von den “Mothers’ Classes” auch persönlich profitiert: im Sinne einer frisch geflickten Hose! Salamat!
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