Mitte nächster Woche führe ich ein Seminar in Verhandlungspsychologie in München durch, für das ich gerade an den letzten schriftlichen Vorbereitungsarbeiten sitze und mich auch mental schon darauf fokussiere. In diesem Zusammenhang kommt mir, dass wir ja nicht nur mit anderen verhandeln können, sondern auch mit uns selbst.
Sie wollen z.B. noch etwas Bestimmtes erledigen (z.B. lernen, putzen, Fachbuch durcharbeiten, geschäftliche Unterlagen fertig machen…)Dann landen Sie aber doch vor dem Fernseher. Oder Sie tun lieber andere Dinge, die nicht so anstrengend sind, wie das was Sie sich vorgenommen haben.
Ich glaube, diese Erfahrung haben wir alle schon gemacht. Das Aufschieben von anstrengenden und unbequemen Dingen ist im Augenblick, in dem wir aufschieben, erst mal stressfreier und angenehmer. Und manchmal sollten wir das auch einfach zulassen, solange es nicht zur Gewohnheit wird.
Sie haben aber noch eine weitere Möglichkeit, wenn Sie sich selbst beim Aufschieben ertappen. Sie können anfangen, mit sich selbst zu verhandeln. Dazu nehmen Sie einfach abwechselnd die verschiedenen Positionen in sich selbst ein, die gegensätzliche Dinge wollen. Sie geben den beiden Teilen jeweils einen Phantasienamen und lassen Sie miteinander reden, indem Sie jeweils laut aussprechen oder aufschreiben, was die beiden Positionen in Ihnen jeweils sagen.
Beispiel:
Burny: Es wäre besser für dich, wenn du heute Abend nicht fernsehen, sondern eher das Buch über “Zeit- und Selbstmanagement” lesen würdest.
Lommel: Aber ich bin so geschafft. Ich habe einfach keine Kraft mehr heute Abend.
Burny: Ok, das verstehe ich, aber das hast du die letzten Abende auch schon gesagt. Und darum geht es in diesem Buch ja genau. Es geht darum, wie du es schaffen kannst, dass du abends nicht mehr so geschafft bist.
Lommel: Ja, ich weiß ja! Aber ich habe einfach keine Lust. Es ist so anstrengend.
Burny: Ja, das stimmt, es ist ein bisschen anstrengend. Und gleichzeitig haben wir die Chance durch diese kleine Anstrengung in unserem Leben langfristig etwas zu verbessern. Wenn wir wirklich lernen, mit unserem täglichen Stress besser umzugehen, haben wir dauerhaft mehr Energie, Motivation und persönliche Power. Meinst du nicht, dafür lohnt es sich, ein bisschen Anstrengung zu investieren. Es ist zwar ein bisschen anstrengend, aber wir können es trotzdem durchziehen.
Lommel: Na gut, dann lass uns 8 Seiten lesen.
Burny: Sagen wir 16 Seiten.
Lommel: 12 Seiten.
Burny: Abgemacht. Lass uns loslegen.
Bei meinen Firmen-Workshops über Gesprächs- und Verhandlungsführung arbeite ich gerne mit der Harvard Verhandlungsmethode. Eines Ihrer hilfreichen Prinzipien lautet: “Hart in der Sache, aber herzlich und fair zu den Menschen.” Das gilt auch für die Verhandlung mit uns selbst. Wichtig ist, dass Sie dabei möglichst wertschätzend und verständnisvoll mit sich selbst umzugehen.
Wenn Sie regelmäßig mit sich selbst verhandeln und sich selbst dazu motivieren, auch unbequeme Dinge zu tun, wird sich gleichzeitig Ihr Selbstwertgefühl verbessern, weil Sie mehr von den Dingen tun, die getan werden müssen und die Sie mittel- und langfristig wirklich weiterbringen.
Wer von Ihnen hat auch schon einmal erlebt, wie eingehaltene Vorsätze sich positiv auf das Selbstwertgefühl auswirken, weil Sie wissen, dass Sie sich selbst vertrauen können und zu Ihrem Wort sich selbst gegenüber stehen? Oder wer hat umgekehrt schon die Erfahrung gemacht, wie das häufige Nicht-Einhalten von Absichten und Plänen die persönliche Integrität beschädigt?
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