In unserer Redaktion arbeitet jeder an seinem eigenen Computer. E-Mails werden verschickt, Texte geschrieben oder bearbeitet, im Internet wird recherchiert. Die Arbeit ohne diese elektronische Hilfe kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Wie genau so ein Rechner aber funktioniert, weiß ich nicht. Ihren Aufbau stelle ich mir extrem komplex vor. Wie wenig ich von Computern verstehe, merke ich besonders, wenn es mit meinem Exemplar mal Probleme gibt. Dann bin ich ratlos und muss meinen Bruder um Hilfe bitten. Doch es gibt etwas, dass noch viel komplizierter aufgebaut ist, als ein Computer: Unser Gehirn! Unser ZNS ist ein wirkliches Erfolgsmodell: Relativ klein, sehr effizient und mit atemberaubenden Fähigkeiten ausgestattet. Wir können visuelle Eindrücke aufnehmen und daraus Schlüsse ziehen. Wir erkennen Zusammenhänge und leiten daraus unser Handeln ab. Der Mensch kann zahlreiche Anforderungen parallel erkennen und darauf reagieren. So können wir gleichzeitig sehen, riechen, reden, verstehen, interpretieren und handeln – wir sind also Künstler des Multitasking. In diesem Bereich hinkt uns der Computer klar hinterher. Er kann uns zwar im Schach besiegen und ist uns rechnerisch oft weit überlegen, doch viele Informationen parallel zu verarbeiten überfordert ihn. Daher verfolgen Wissenschaftler das Ziel, die Funktionsweise unseres Gehirnes auf den Computer zu übertragen und ihn so breiter einsetzbar zu machen.
Physiker der Universität Bielefeld konnten zeigen, dass ein neues Speicherbauteilchen – ein Memristor – Eigenschaften unserer Nervenzellen nachahmen kann. Der Begriff Memristor kommt von den Worten memory (Speicher) und resistor (elektrischer Widerstand). Memristoren bestehen aus winzigen Drähten, die elektrischen Strom leiten. Sie können ihren Widerstand und somit auch ihre Leitfähigkeit stetig ändern. Werden sie viel gebraucht, senkt sich der Widerstand und die Leitfähigkeit wird verbessert. Schlechter leitet ein Memristor wenn er wenig genutzt wird und sein Widerstand demzufolge steigt. Seine „Einstellungen“ merkt sich das Speicherbauteilchen jederzeit. Genau gleich funktionieren auch die menschlichen Neurone. Wird eine Synapse vermehrt genutzt, wird ihre Effizient gesteigert. Bei verminderter Aktivierung, wird ihre Übertragung abgeschwächt. Lernen verbessert also durch eine wiederholte Aktivierung einer neuronalen Verbindung deren Übertragung. Je öfter wir etwas gelernt haben, umso besser können wir es mit der Zeit auch wieder abrufen.
Doch was erhoffen sich die Forscher von den Memristoren? Mit der Hilfe von Memristoren sollen Computer entstehen, die selbstständige Entscheidungen treffen. Die von der eigenen Programmierung abweichen können, wenn sie merken, dass eine neue Verbindung öfter verwendet wird als eine vorherige. Raumfahrtsonden könnten z. B., wenn sie ein fremdes Objekt mehrfach registrieren, selbst „entscheiden“ Daten darüber zu sammeln. Angelernte Computer könnten durch ihre „Erfahrung“ Krankheiten diagnostizieren. Viele Beispiele hätten ihnen beigebracht, welche Krankheiten bei welchen Symptomen wahrscheinlich sind. Mit genügend Erfahrung könnte der Computer forschen indem er Untersuchungen vorschlägt und simuliert. Zudem könnte er Musik komponieren oder Bücher schreiben.
Da bleibt die Frage: Wozu braucht es da eigentlich noch den Menschen? Vielleicht nur noch, um defekte Computer zu reparieren? Oder könnten sie das auch selbst? Ich bin froh, dass wir von der Entwicklung „menschlicher Computer“ noch ein Stück weit weg sind. Denn ich habe ein besseres Gefühl dabei, ein Buch von einem Menschen mit Erfahrungen, Erlebnissen und Gefühlen zu lesen, als eines, dass von einem Computer geschrieben wurde. Gleich geht es mir beim Hören von Musik. Der Beruf des Arztes würde durch die Superrechner auch überflüssig. Wahrscheinlich auch der eines Medizinredakteurs – und alle anderen Berufe. Was würden die Menschen dann mit der vielen freien Zeit anfangen? Vielleicht noch bessere Computer konstruieren …
Antonia
Quelle:http://www.n-tv.de/wissen/Memristoren-imitieren-graue-Zellen-article5634036.html