So wie es hier aussieht, sind im Moment die Windpocken (Wilde Blatern) wieder gross am kommen. Das sehe ich einerseits an den vielen Rezepten mit Tannosynt oder Suspensio alba cutanea aquosa sowie für Fenistil oder Feniallerg Tropfen. Aber auch bei den Kunden selbst.
Die Kundin zeigt mir den Arm ihres etwa 3 jährigen Sohnes: “Sind das Windpocken?”
Ich schaue. “Das sieht mir stark danach aus. Hatte er denn Kontakt mit jemandem, der das hat?”
Frau: “Ja, zwei seiner Freunde haben das.”
Pharmama: “Nun, sieht so aus, als sei jetzt er dran.”
Frau: “Oh. Kann ich irgendetwas machen, dass der Rest der Familie nicht angesteckt wird?” Dabei deutet sie auf das 5 Monate alte Baby, das sie auch dabei hat.
Pharmama: “Ich glaube nicht. Windpocken sind sehr ansteckend – auch über grössere Entfernungen. Die Chance, dass es schon angesteckt ist, ist ziemlich gross.”
Nur ein paar Fakten: Von 100 Personen, die Windpocken noch nicht hatten und nicht dagegen geimpft sind erkranken 90 daran, wenn man sie dem Virus aussetzt. Und “aussetzen” bedeutet in dem Fall, es reicht, wenn man wenige Minuten in der Nähe (auch in einigen Metern Entfernung) verbringt.
Ansteckend sind Windpocken übrigens schon 2 Tage bevor der Ausschlag auftritt, bis etwa 10 Tage nachher.
In der Zeit sollten Erkrankte nicht in Kontakt mit Risiko-Personen kommen, also solchen, die Schwanger sind, ältere Menschen oder solche die Probleme mit dem Immunsystem haben (weil sie z.B. Cortison nehmen müssen, AIDS oder Krebs haben) .
Und darum musste ich der Frau auch raten, beide Kinder möglichst schnell wieder aus der Apotheke und nach Hause zu nehmen – und sie da zu lassen. Dann soll sie mit dem Kinderarzt Kontakt aufnehmen – am besten erst Mal per Telefon und fragen, wie es steht mit der Postexpositionsprophylaxe – also dem Impfen nachdem man schon Kontakt mit dem Virus hatte. Ich bin nämlich nicht sicher, ob man das 5 Monate alte Kind schon impfen kann – ich dachte das sei ab dem 9. Monat möglich.
Mit etwas Glück ist das Kind noch durch den Nestschutz (vom übernommenen Immunsystem der Mutter) geschützt – das nimmt aber nach 3 Monaten ab und geht nur bis maximal 6 Monate Alter.
Auf jeden Fall “viel Glück” – Windpocken sind nicht lustig. Ich selbst habe das als Kind durchgemacht und bin deshalb dafür nicht mehr gefährdet, aber ich habe auch unter meinen Kolleginnen welche, die die Krankheit nicht durchgemacht haben und auch nicht geimpft sind. Das kann sehr unangenehm werden, weil es Erwachsene oft schlimmer trifft als die Kinder. Davon Kinder absichtlich mit Windpocken anzustecken halte ich nichts. Sie sind unangenehm und sie machen (zum Glück nur selten) Komplikationen wie Blutvergiftung, Lungenentzündung, Gehirnhautentzündung, Gehirnentzündung, Leberentzündung …
Ausserdem: Wenn man Windpocken einmal gehabt hat, kann man später im Leben Gürtelrose bekommen. Das ist bei dagegen geimpften Personen nicht der Fall.
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