Budgeterhöhungen durch Praxisbesonderheiten

Weist eine Arztpraxis Besonderheiten in ihrer Patientenstruktur und/oder  ihrem Leistungsangebot auf, ist die Gefahr der Überschreitung des ihr zugewiesenen Budgets häufig groß. Eine Möglichkeit dieser Gefahr zu begegnen ist die Geltendmachung der Praxisbesonderheiten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung.

Das Verfahren zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit kann vom Vertragsarzt auf zweierlei Wegen eingeleitet werden. Zum einen besteht die Möglichkeit gegen die Festsetzung der Regelleistungsvolumina (RLV) bzw. der Qualifikationsbezogenen Zusatzvolumina (QZV) im Zuweisungsbescheid Widerspruch einzulegen. Zum anderen kann, unabhängig vom Zuweisungsbescheid, ein separater Antrag auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten gestellt werden. Für den erfolgreichen Abschluss dieser Verfahren, gilt es einige Fallen zu vermeiden. Welche dies sind, soll im Folgenden erläutert werden:

1. Beachtung von Fristen

Der Bescheid über die Zuweisung der RLV/ QZV wird überwiegend in Form eines Verwaltungsaktes erlassen und ist als solcher nur innerhalb einer Widerspruchsfrist angreifbar. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat ab Bekanntgabe der Zuweisung, also dem Moment in dem mit Zugang des Bescheides beim Vertragsarzt zu rechnen ist. Es ist daher ratsam, sich den Eingang des Zuweisungsbescheides zu notieren und fristwahrend Widerspruch einzulegen.

Wird die Widerspruchsfrist versäumt, gilt der Zuweisungsbescheid als bestandskräftig und ist vom Vertragsarzt nicht mehr angreifbar. Er gilt damit als Grundlage der Honorarberechnung und kann auch in einem Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid nicht mehr angegriffen werden.

2. Ausreichende Begründung

Sowohl im Widerspruchs- als auch im Antragsverfahren ist auf eine substantiierte Begründung zu achten, da die Darlegungslast für die Geltendmachung von Praxisbesonderheiten zunächst dem Arzt obliegt, d.h. er muss dem zuständigen Ausschuss spezielle Strukturen seiner Praxis aufzeigen, die die Annahme einer Praxisbesonderheit rechtfertigen. Er kann dieser Darlegungslast nur genügen, indem er etwa die bei ihm schwerpunktmäßig behandelten Erkrankungen aufzählt und mitteilt, welcher Prozentsatz seiner Patienten diesen jeweils zuzuordnen ist. Zudem sollte der Aufwand an erforderlichen Arzneimitteln aufgeführt werden.

3. Vermeidung bestandskräftiger Honorarbescheide

Die Bearbeitung der genannten Widersprüche und Anträge durch die KV dauert meist lang – häufig sogar länger als bis zum Erlass des Honorarbescheids für das jeweilige Quartal.

Werden die, den betroffenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide vor Entscheidung über den Widerspruch bzw. Antrag erlassen, muss die Bestandskraft dieser Honorarbescheide mittels Widerspruch unbedingt vermieden werden.

Tritt die Bestandskraft des jeweiligen Honorarbescheides ein, hat dies zur Folge, dass dem zuvor eingelegtem Widerspruch gegen den Zuweisungsbescheid das Rechtsschutzbedürfnis entzogen wird; d.h. der Widerspruch wird abgewiesen, da es auf eine Entscheidung über die Höhe des RLV/QZV als Grundlage der Honorarberechnung nicht mehr ankommt- die Höhe des Honorars ist mit Bestandskraft des Honorarbescheides nicht mehr angreifbar.

Zudem können die Änderungen der Höhe des RLV/QZV keine Auswirkungen mehr auf das Quartal des bestandkräftigen Honorarbescheides  entfalten, auch wenn dem Antrag auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten stattgegeben werden sollte.

4. Fazit

Liegen in Ihrer Praxis Besonderheiten -beispielsweise in der Patientenstruktur oder im Leistungsangebot- vor,  sollten diese im Hinblick auf ihre vergütungsrelevante Geltendmachung ausreichend dokumentiert werden. Gerade bei einer kontinuierlichen Auflistung bestimmter Patientenstrukturen und Verordnungsaufkommen (in Gemeinschaftspraxen auch differenziert nach Leistungserbringern) können Praxisbesonderheiten ersichtlich und ggfs. vergütungsrechtlich optimiert werden.

Wollen Sie Praxisbesonderheiten geltend machen, ist eine genaue Prüfung Ihrer Abrechnungsdaten – ggfs. mit fachkundiger Unterstützung im Medizinrecht – unerlässlich. Wird die Geltendmachung von Praxisbesonderheiten gegenüber der KV in Angriff genommen, ist darauf zu achten alle relevanten Bescheide fristgerecht anzugreifen.

Trotz des hohen zeitlichen (und nervlichen) Aufwandes sollten Sie diese Arbeit nicht scheuen. Ist eine Praxisbesonderheit einmal anerkannt worden, gilt sie auch für die folgenden Jahre fort.

 

Marion Hochheiser
Rechtsanwältin

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