Der belgische Neurologe Steven Laureys zeigt sich zerknirscht über die weltweite Medienberichterstattung im Fall Rom Houben. Gegenüber der belgischen Zeitung “De Standaard” erzählt er, wie er zunächst zusammen mit dem SPIEGEL den Medienhype entfachte, und wie er dann von den Folgen der vollkommen aus dem Ruder gelaufenen Berichterstattung überrollt wurde.
Ausgangspunkt für eine der aberwitzigsten Medienenten des Jahres war nach seinen Angaben die Anfrage eines SPIEGEL-Journalisten, der über mögliche Bewusstseinsreste bei Wachkomapatienten berichten wollte.
Laureys hatte im Juli einen außerhalb der Fachwelt kaum beachteten Fachartikel zum Thema veröffentlicht. In der Veröffentlichung selbst ist noch keine Rede von einem wundersam wiedergeborenen sprachlich eloquenten zukünftigen Buchautor. Vielmehr geht es darin um moderne Diagnosekriterien für Patienten mit schweren Bewusstseinsstörungen. Der Studie zufolge wird ein hoher Prozentsatz der Patienten, die nach neueren Beurteilungskriterien als MCS (Minimally Conscious State, etwa: Patient mit minimalen Bewusseinsresten) diagnostiziert werden müssten, fälschlich als VS (Vegetative State, etwa: Apallisches Syndrom bzw. Wachkoma) diagnostiziert. Von einem “Locked-In”-Patienten mit “vollständig intakten” Hirnfunktionen, in den sich Rom Houben in der Darstellung von Laureys im Laufe des später folgenden Medienhypes verwandeln würde, war in der Veröffentlichung noch keine Rede.
Dem SPIEGEL-Autor Manfred Dworschak war das wohl zu unspektakulär.
Een journalist van Der Spiegel pikte de onderzoeksresultaten op, maar kwam bij Laureys aankloppen voor een ‘menselijke case’ en dat werd Rom.
Er wollte einen “menschlichen Fall”. Und da kam Laureys auf die ungute Idee, ihm seinen Patienten Rom Houben als Aufhänger zu präsentieren.
Rom Houben unterscheidet sich von anderen VS- oder MCS-Patienten nach allem, was bislang über ihn berichtet wurde, vor allem dadurch, dass seine Angehörigen über ein esoterisches Kommunikationsverfahren namens “Gestützte Kommunikation” meinen, mit ihm zu kommunizieren.
Dass es sich bei dem Verfahren um Humbug handelt, um Selbsttäuschung der Beteiligten – in einzelnen Fällen vielleicht sogar um schlichten Betrug durch den “Unterstützer” – ist seit Jahren bekannt, in zahlreichen Studien nachgewiesen und wäre in einer zweiminütigen Recherche auch von einem SPIEGEL-Journalisten herauszufinden gewesen.
Aber wer will sich schon von Fakten eine aufrüttelnde Geschichte mit dem Titel “Meine zweite Geburt” kaputtmachen lassen?
Laureys selbst lässt inzwischen ebenfalls starke Zweifel daran durchblicken, dass die “Gestützte Kommunikation” wirklich funktioniert und rudert zurück:
Dat is een debat waarmee ik het veel moeilijker heb’, zegt Laureys. ‘Ik ben zelf een scepticus en dat soort gefaciliteerde communicatie heeft terecht nog een slechte reputatie. Ik sta daar ook buiten, ik heb Rom daar nooit toe aangezet. Dit moet verder onderzocht worden
Das sei eine Debatte, mit der er sich sehr schwer tue. Er sei selbst ein Skeptiker und diese Kommunikationsform habe zu Recht “noch einen schlechten Ruf”. Er stünde da außen vor und habe Rom auch nicht auf dieses Verfahren angesetzt. Das müsse weiter untersucht werden.