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Im Helikopter übers Hildesheimer Land (Gastbeitrag von Federkiel)

Als der Chefarzt in seinem Artikel einen Agenten für einen Flug suchte, zögerte ich doch ein bisschen. Nicht, weil ich Flugangst hätte, aber weil das einfach zu gut klang, um wahr zu sein. Die Seite Blogg-dein-Flug machte einen seriösen Eindruck. Informationen über das Fliegen, die Pilotenvorstellungen klangen gut, schon ein paar Beiträge über verbloggte Flüge. Und das Ganze, um die private Fliegerei ein wenig bekannter zu machen und ihr den elitären Anstrich zu nehmen. Wow, was für ein cooles Hobby!
Also flugs einen Kommentar geschrieben (und dabei verschwiegen, dass mein Traum neben Tauchen auch das Fliegen ist) und dann (immer noch etwas ungläubig) abgewartet.
Tatsächlich – der Chefarzt wählte mich zu seiner Agentin aus! Tolle Sache, aber recht glauben konnte ich das alles immer noch nicht. Und lange hörte ich nichts davon, doch dann meldete sich mein Pilot Olaf Musch und da konnte ich wieder nur ungläubig schauen – er fliegt Hubschrauber!
Die Ungläubigkeit setzte sich dann so fort – irgendwie wollte mir keiner glauben, dass ich wirklich von meinem Heimatflughafen Hildesheim aus eine Runde mit dem Hubschrauber drehen sollte. Zu beschreiben, wie es dazu kam, war fast so schwer, wie jemandem eine virtuelle Expedition zu erklären ;-)

Wir verabreden uns, Olaf tüftelt nach meinen Wünschen eine tolle Flugroute aus. Am Morgen des Flugtags bin ich ganz hibbelig. Hält das Wetter? Morgens beim Einkaufen ist strahlend blauer Himmel, kein Lüftchen regt sich. Zwei Stunden später (und nur acht Kilometer Luftlinie entfernt) steige ich am Flughafen Hildesheim aus dem Auto, die Sonne ist weg, dunkle Wolken hängen tief im Südwesten. Die Windböen lassen mich frieren, weil ich keine Jacke mitgenommen habe.
Ich komme mir vor wie bei einem Blind date. Doch eine kurze SMS (und ein Blick aufs Autokennzeichen später) haben wir uns gefunden. Misstrauisch beäugen wir die schwarze Wand am Himmel, aber nach kurzer Rücksprache oben im Tower ist klar – wir können fliegen, die Wolken kratzen uns nicht. Puh :-)

Beim ersten Blick auf den Hubschrauber wird mir ganz warm ums Herz. Klein, aber fein, steht er in einem riesigen Hangar, umgeben von etlichen Propellermaschinen. Er hat etwas von einer Libelle, feingliedrig und elegant. Draußen habe ich schon ein paar Tragschrauber gesehen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass auf unserem kleinen Flughafen so viel los ist!
Der Hubschrauber, D-HIKO, ist eine Schweizer 269, Baujahr 1983. Er gehört der Firma HeliStar, ist in Hildesheim stationiert und wird sowohl für die Ausbildung als auch für Charterflüge benutzt. Olaf hat auf der Maschine gelernt, und anders als bei Flugzeugen darf er auch nur diesen Typ Hubschrauber fliegen, da die Lizenzen so speziell sind.

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Olaf hat den Check in der Kabine schon erledigt, zusammen überprüfen wir D-HIKO von außen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben – Olaf checkt, ich sehe mit großen Augen zu und fotografiere eifrig.
Der Hubschrauber besteht die Prüfung, noch schnell einen der Reifen aufgepumpt (ja, Reifen am Hubschrauber, wie soll man ihn sonst aus dem Hangar kriegen?) und dann bugsieren wir ihn schon hinaus an die frische Luft. Gar nicht so einfach bei den ausladenden Rotorblättern, aber schließlich steht er in der Reihe neben zwei kleinen Propellermaschinen – static display.

Einsteigen, anschnallen, Rucksack verstauen, Kamera bereit. Und wieder staunen. Olaf bedient gefühlt 20 Knöpfe, ehe der Motor überhaupt läuft. Es rüttelt und schüttelt, und mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Gleich geht es los! Aber noch dreht sich der Rotor nicht, die Kupplung ist noch nicht drin, weil der Motor sich erst einmal warm laufen muss.

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Kopfhörer auf, Ton gecheckt. Und dann endlich drehen sich die Rotoren mit, das Rütteln wird schneller und schließlich zu einem angenehmen Vibrieren voller Energie und Tatendrang. Und ich kann es auch kaum noch erwarten und grinse die ganze Zeit. Aber wir müssen erst noch eine der Propellermaschine durchlassen, eh es los geht.
Und schon sind wir in der Luft, fliegen einen Meter über dem Boden zur Startbahn. Startbahn mit dem Hubschrauber? So hat man sicher freie Bahn für den Start. Der Tower gibt grünes Licht und wünscht guten Flug.

Und schon neigt sich die Nase nach vorne, ganz sanft nur, und wir nehmen Fahrt, nein, Flug auf, stiegen höher und höher. Die Startbahn bleibt hinter uns zurück, dann die Autobahn A7 und der Hildesheimer Hafen. Ich schaue so verzückt hinunter, dass ich glatt vergesse, zu fotografieren. Dann aber schnell die Kamera auf Dauerfeuer eingestellt und los geht’s. Am Ende werden es über 600 Fotos sein …
Obwohl wir die Flugroute vorher abgesprochen haben, fällt es mir nicht leicht, mich zu orientieren. Wir wollen über mein Heimatdorf fliegen, aber welches ist das? Überall kleine Ortschaften, umgeben von Feldern, gelbgrün, blaugrün, quietschgrün. Von unten sieht das alles gleich aus, aber nicht aus der Luft! Ein Flickenteppich in allen grünen Schattierungen.

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Erstaunlich viele kleine Seen sind im Grün versprengt, ein Wäldchen hier, dort eine Landstraße von Bäumen gesäumt. Ein paar Landmarken gibt es, die ich erkenne: die A7, den strahlend weißen Kaliberg, den Hildesheimer Stichkanal.
Dann erkenne ich den großen Getreidebetrieb des Nachbarorts und schon ist mein Dorf gefunden. Fast quadratisch schmiegt es sich zwischen sanfte Hügel. Aufgeregt zeige ich hin, Olaf nickt und lächelt dabei.
Sofort fallen mir ganzen blauen Tupfer in den Gärten auf. Ich wusste gar nicht, dass so viele in der Siedlung einen Pool im Garten haben! Auch der Nachbar auf der Ecke, gut zu wissen … Vor unserem Haus leuchtet die helle Terrasse, meine üppige japanische Weide, die beiden Kugelakazien. Das Unkraut … gnädigerweise zu klein. Ein Traum, das mal von oben zu sehen! Ich wünsche mir ein stärkeres Tele.
Wir haben meinen Heimatort schnell umrundet, und plötzlich habe ich einen tollen Blick auf den Hildesheimer Stichkanal, die ganze Länge meiner üblichen Laufstrecke auf einem Bild. Aus 700 Metern Höhe sieht das lächerlich kurz aus … Ich muss versuchen, daran zu denken, wenn ich morgen wieder unterwegs bin …

Schon kommt wieder der Flughafen ins Blickfeld, aber glücklicherweise fliegen wir daran vorbei, in einem großen Bogen um das schöne Hildesheim herum. Die Kirchtürme des historischen Stadtkerns, die grünen Flächen mit den eingestreuten Einfamilienhäusern, das neue Klinikum leuchtet hell. Die A7 zieht sich wieder unter uns lang, die bunten Ameisen sind zügig unterwegs, die Baustelle wird sie erst in ein paar Kilometern ausbremsen. Wieder der Kaliberg in der Ferne, Windräder wie Streichhölzer, dahinter der Deister. Hannover ist im Dunst nur zu erahnen.

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Wir fliegen jetzt auf eine Bergkette zu – der Hildesheimer Wald (selbst Wikipedia nennt die Erhebungen Berge, der Griesberg ist immerhin 358m hoch! Und das sogar ohne den Funkturm.). Diekholzen kuschelt sich in eine Senke ein paar Berge Hügel weiter raucht der Schornstein der Alfelder Papierfabrik. Wir haben einen tollen Blick auf das niedersächsische Bergland mit den Sieben Bergen, dem Osterwand und dem Deister.

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Olaf dreht nach Nordwesten ab, wir fliegen jetzt am Rand des Waldes entlang. Langsam erahne ich das Schloss Marienburg in der Ferne. Die Leine schlängelt sich vor dem Marienberg durch die Wiesen, vorbei an den vielen Kiesteichen. Nordstemmen streckt sich der Burg entgegen, aus der Luft wirkt das Gelände der Zuckerfabrik riesig.

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Die Marienburg hat die gelb-weiße Fahne der Welfen gehisst, jetzt sehe ich die Abtragungen am Berg, die Straße wird renoviert und der Hang gestützt. Die Mauern, die so trutzig aussehen, wenn man davor steht, wirken graziös von oben. Dass sie etwas gebogen sind, ist mir vorher nie aufgefallen. Der Blick in den Burghof zeigt Tische und Menschen, die nach dem Besuch etwas trinken. Ach, ich war viel zu lange nicht dort oben, und noch viel länger nicht drin. Das muss ich unbedingt ändern!

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Der Blick geht wieder nach vorne, zurück nach Hildesheim und zum Flugplatz. Ich habe gar nicht gemerkt, dass wir schon fast eine Stunde unterwegs sind! Olaf spricht schon mit dem Tower, kündigt unsere Rückkehr an. So schnell …
Wir gehen schon tiefer, Anflughöhe zum Flughafen, und der Hubschrauber beginnt zu bocken. Mein Magen meldet sich mit Unwohlsein, und auf einmal wird mir klar, wie sanft der Flug bisher gewesen ist. So ruhig ist Olaf geflogen, dass ich völlig vergessen habe, dass ich in einem Hubschrauber sitze. Könnte es besser sein? Nein!
Wir müssen noch einen anderen Hubschrauber vorbei lassen, dann fliegen wir auch schon wieder in einem Meter Höhe auf den Tower zu. Und nur einen Augenblick später hat Olaf den Hubschrauber geparkt. Einfach Zündung aus geht nicht, auch hier wieder Knöpfe und Hebelchen zu bedienen. Faszinierend … Faszinierend genug, um aus einem Traum Wirklichkeit zu machen? Wer weiß …

Als der Rotor steht, stiegen wir aus. Ich grinse schon wieder (vermutlich: immer noch). Wir reden noch kurz, doch Olafs nächsten Fluggäste warten schon. Also machen wir nur noch schnell ein paar Bilder.
Mein herzlicher Dank gilt Olaf für seine Zeit und die tolle Stunde, die er mir geschenkt hat! Es war ein wundervoller Flug mit einem Klasse-Piloten! Eine tolle Erfahrung, die ich bestimmt mal verschenken werde (es gibt schon einige Interessenten ;-) ). Als ich jetzt den Artikel schreibe, merke ich, wie wenig ich eigentlich gefragt habe vor lauter Staunen. Tja, dann muss ich wohl selbst noch mal mitfliegen, um das nachzuholen. :-)

Vielen Dank an das Team von Blogg-Dein-Flug für die großartige Idee. Und natürlich auch eine Dankeschön an den Chefarzt, dass er seinen Blog als Plattform zur Verfügung stellt und sich an der Aktion beteiligt. Bei mir ist manchmal einfach nicht klar, was jetzt wirklich passiert ;-)
Erst auf dem Weg nach Hause fällt mir auf, dass wir keine Bilder ohne Mundschutz gemacht haben. Aber da ich als Chefarzts Agentin unterwegs war, ist das nur gerecht!

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Artikel von: Monsterdoc

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