Die Röntgenassistentin im Röntgenbetrieb vor 50 Jahren (4)


4. Gefahren und Schutzmöglichkeiten in einem Röntgenbetrieb

Das “Lehrbuch der röntgendiagnostischen Einstelltechnik: Begründet von Marianne Zimmer-Brossy” ist nach wie vor  ein Standardwerk, das in keiner Radiologischen Abteilung fehlen sollte. Mittlerweile liegt die 6. überarbeitete Ausgabe vor. Diese unterscheidet sich natürlich in vielen Punkten mit dem Inhalt der Erstauflage, die 1960 erschien. In der Erstauflage lautete die Überschrift zum ersten Kapitel:  „Die Röntgenassistentin und ihr Berufskreis“ und beschäftigte sich auch mit den Gefahren und Schutzmöglichkeiten in einem Röntgenbetrieb.

Die Folgen unsachgemäßer Handhabung mit ionisierenden Strahlen waren bereits bekannt, das Atomzeitalter hatte begonnen und so schrieb end empfahl Zimmer-Brossy damals:

„Dieses Kapitel muss auf den ersten Seiten des Buches untergebracht werden, ist es doch für die Berufswahl mit entscheidend und im Zeitalter der Atomphysik von erhöhtem Interesse. Die Pioniere opferten seinerzeit ihr Leben, bis man die Gefahr der Röntgenstrahlen erkannte. Unachtsamkeit und Leichtsinn führten auch später noch zu groben Störungen der Gesundheit beim Röntgenpersonal. Es wurden Schädigungen der blutbildenden Organe, der Keimdrüsen von Mann und Frau (bei letzterer in Form von schweren Menstruationsstörungen) beobachtet und in vereinzelten Fällen auch die Folgen von Keimschädigungen, nämlich Anomalien und Missbildungen der Kinder. Aber diese Zeiten sind vorbei, denn nur bei sträflichem Leichtsinn und vollständigem Außerachtlassen der strengen Strahlenschutzmaßnahmen und -vorschriften kann dies noch vorkommen.

Wie der Elektriker einen Stromunfall, der Bergmann die schlagenden Wetter zu vermeiden und sich davor zu schützen weiß, so muss sich eben auch die Röntgentätige vor Strahlenschädigungen bewahren: Durch Beachtung der Strahlenschutzregeln, deren Studium hier angelegentlich empfohlen sei.

Wenn die Röntgentätigkeit bei einem praktischen Arzt oder Nicht-Röntgenspezialisten diesbezüglich noch eher Gefahren bieten kann, so ist dies sicher nicht der Fall in einem modernen Röntgeninstitut, wo sämtliche Strahlenschutzeinrichtungen vorhanden sind und wo regelmäßige Kontrollen über die Strahlengefährdung durchgeführt werden. Bei Verwendung moderner Apparaturen und bei Wissen und vor allem bei Beachtung von Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen ist das Risiko einer Strahlenschädigung äußerst gering.

Erfahrene Röntgenassistentinnen haben die Pflicht, jungen Röntgenschülerinnen die strahlensicheren Orte im Institut zu zeigen und sie als erstes in die Verhaltungsmaßnahmen einzuführen.

Die Prüfung der Strahlengefährdung des Personals wird in den Röntgeninstituten, in regelmäßigen Zeitabständen vorgenommen. Daneben werden auch regelmäßig Kontrollen des Blutbildes durchgeführt. Eine Verminderung der Zahl der weißen Blutkörperchen, eine sogenannte Leukopenie, kann ein Frühsymptom einer Strahlenschädigung sein, vor allem wenn die Verminderung nach monatelanger Konstanz der Blutkörperchenzahl auftritt. Sie muss es aber nicht sein, da eine Leukopenie oft, ja meist aus ganz anderen Ursachen entsteht.

Die große Empfindlichkeit, der Keimdrüsen gegen Röntgenstrahlen erfordert natürlich besondere Vorsicht. Die allermeisten Menstruationsunregelmäßigkeiten haben aber ganz andere Ursachen als eine Röntgenschädigung. Erbschädigungen sind bei richtigem Verhalten der Röntgenassistentin während ihrer Arbeit, ohne weiteres vermeidbar. Es ist auch bekannt, dass, von wirklich ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen, in Ehen sowohl von Röntgenärzten als auch von Röntgenassistentinnen absolut, normale Kinder geboren werden; ja selbst Kinder aus Ehen zwischen Männern und Frauen, die beide jahrelang im Röntgenbetrieb gearbeitet haben, weisen keinerlei Erbschädigungen auf.

Zusammenfassend dürfen wir also nochmals wiederholen: Die Gefahr einer Röntgenschädigung besteht für eine korrekt arbeitende technische Assistentin praktisch nicht!

Quelle: Ersten Kapitel: “Technische Röntgenassistentin als Frauenberuf” von Zimmer Brossy – Lehrbuch der röntgendiagnostischen Einstelltechnik 1.Aufl 1960

Zum Teil 1:  Die Röntgenassistentin  im Röntgenbetrieb vor über 50 Jahren  (Technische Röntgenassistentin als Frauenberuf)
Zum Teil 2:  Die Röntgenassistentin  im Röntgenbetrieb vor über 50 Jahren  (Vorbildung und Vorbedingungen)
Zum Teil 3:  Die Röntgenassistentin  im Röntgenbetrieb vor über 50 Jahren  (Ausbildungsmöglichkeiten an Röntgeninstituten)

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