Endlich ist es mal wieder so weit. Die Homöopathie und andere alternative Medizinrichtungen stehen wieder im Visier der evidenzbasierten Freunde der Schulmedizin und ihrer Protagonisten.
Diesmal gesellt sich eindeutige Prominenz zu diesem erlesenen Zirkel: Prof. Dr. med. Windeler, seines Zeichens Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dieses Institut hat sich zur Aufgabe gestellt, die Qualität der medizinischen Versorgung der Patienten zu verbessern. Doch sein Vorgänger im Amt, Dr. Peter Sawicki, wurde vom Gesundheitsministerium mithilfe der Pharmalobby freundlich, aber bestimmt aus dem Amt gedrängt und gegen Prof. Dr. med. Windeler ausgetauscht. Den Zusammenhang habe ich in “Das Gesundheitsministerium: Freund der Pharmaindustrie?” beschrieben.
Zurück zu den Äußerungen Windelers über die Homöopathie. Dies waren keine offiziellen Aussagen des IQWiG, sondern wurden auf einem „Weltkongress der Skeptiker“ vom Stapel gelassen. Dieser „Weltkongress“ wurde vom 18. bis 20. Mai von der „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ (GWUP) organisiert und durchgeführt.
Das hört sich „wissenschaftlich“ an, aber bei genauerer Betrachtung scheint die GWUP mit Wissenschaft nur wenig im Sinn zu haben. Sie scheint eine Art ideologisches Sprachrohr der „Skeptiker“ zu sein und vertritt merkwürdige Meinungen und Vorurteile, die mich selbst wiederum skeptisch machen…
Zurück zum „Weltkongress“: Auf diesem skeptischen Weltkongress trat nun der IQWiG-Chef und GWUP-Mitglied als Redner auf. Thema seines Beitrags war: „Kein Unterschied in den Methoden – Auswertung des Nutzens von konventioneller und komplementärer Medizin“. In diesem Vortrag stellte er klar, dass er mit komplementärer Medizin und ähnlichen Richtungen nichts zu tun haben will, und dass es keine medizinischen Begründungen für diese Medizinrichtungen gibt. Das ist doch eine sehr skeptische Aussage, oder?
Nach Meinung von Herrn Windeler handle es sich deshalb bei der Existenz solch unsinniger und überflüssiger Medizinrichtungen um eine Art „Artenschutz“, der ebenfalls nicht begründbar sei. Die evidenzbasierte Medizin dagegen untersuche den Nutzen für den Patienten. Angesichts Vioxx, Avandia, Avastin und dergleichen muss man sich schon fragen, wovon Herr Windeler eigentlich nachts träumt? Es bleibt auch die Frage, was die alternative Medizin untersucht, wenn die evidenzbasierte Medizin als einzige den Nutzen der Patienten im Auge hat?
Aber Achtung: Nach meiner Meinung kommt der dickste Klopper erst jetzt: Auf die Frage nach den Selbstheilungskräften, die durch alternative und homöopathische Anwendungen gestärkt werden, kam als Antwort: „Das Wichtigste ist, dass diese Frage der Selbstheilungskräfte für die Medizin nicht weiter relevant ist. Denn die Evidenzbasierte Medizin stellt die Frage, ob es einen Nutzen gibt – nicht wie dieser zustande kommt.“
Jetzt muss man sich doch fragen, wovon Herr Windeler tags UND nachts träumt? Haben starke Selbstheilungskräfte nichts mit einem Nutzen für den Patienten zu tun? Fragt man sich nicht, wenn man einen Nutzen sieht, wie man diesen in der Praxis realisieren kann?
Aber richtig, diese Fragen sind nur auf einem Weltkongress von Bedeutung, wo man ja was erzählen muss. In der medizinischen Praxis ist der Nutzen für den Patienten eher zweitrangig. Der zählt nur dann, wenn man den Nutzen gewinnbringend verkaufen kann. Und zum Schluss seiner Ausführungen durfte natürlich auch der ewig alte und inzwischen langweilige Hinweis nicht fehlen, dass die Homöopathie Mittelchen produziert, die keinen Wirkstoff beherbergen, da sie unendlich oft verdünnt worden sind. Dieser Hinweis war dann auch Garant für etliche Lacher unter den Zuhörern, verbunden mit einem ordentlichen Applaus. Ob es auch Aufforderungen für eine „Zugabe“ gab, ist nicht bekannt. Aber so kann man oft mit kleinen Sachen großen Kindern eine Freude machen…
Ich wäre sicher auch auf Seiten der Lacher gewesen, denn die Theorie der „Verdünnung“ ist zwar logisch und überzeugend; leider ist sie aber auch falsch. Bereits seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit diesem Thema und habe bereits einige Artikel dazu verfasst, wie zum Beispiel beim “Streit um “homöopathischen Bockmist”” oder “Informationen zur homöopathischen Grundlagenforschung“. Die Studienlage wird auch immer umfangreicher, wie ich zum Beispiel bei “Kann man auch gegen Homöopathie sein?” ausgeführt habe. Wie sonst kann man sich erklären, dass Behandlungsmethoden aus der Homöopathie in der Schweiz bereits Kassenleistungen sind (Homöopathie findet in der Schweiz immer mehr Zuspruch) und auch “Homöopathie gegen Krebs” ist keine Fantasie mehr, im Gegenteil.
Zudem liegen (unglücklicherweise für unseren Professor) außerdem eine Reihe weiterer “sauberer” Studien vor, in denen die Homöopathie mit der evidenzbasierten Medizin verglichen wurde und unter dem Strich eine vergleichbare Wirksamkeit beobachtet werden konnte. Eine dieser Studien kommt von Prof. Witt aus der Charité in Berlin („Homoeopathic versus conventional treatment of children with eczema: A comparative cohort study“). Diese Studie stellte keinen Unterschied in der Behandlung von Neurodermitis bei Kindern fest, gleichgültig ob die Kinder mit Homöopathie oder konventioneller Medizin behandelt wurden. Allerdings hätte man bei dieser Studie erwarten dürfen, dass die Homöopathie, die ja laut Schulmedizin, Skeptiker, GWUP et al. nur Plazebo-Wirkung erreichen kann, in dieser Studie im Vergleich mit den schulmedizinischen Methoden deutlich schlechter abschneiden müsste. Wie kommt es also, dass dieses unendlich verdünnte und unwirksame Zeugs bei den Kindern genauso gut gewirkt hat wie die guten, alten Medikamente der Pharmaindustrie?
Aber diese evidenzbasierte Beobachtung aus Berlin wird vom obersten Chef-Begutachter einfach vom Tisch gefegt. Denn der konstruiert m.E. einen neuen Sachverhalt: Nach Meinung von Herrn Windeler kann offenbar das Ergebnis einer Studie, die eine vergleichbare Wirksamkeit zwischen zwei Substanzen oder Medizinrichtungen feststellt, nicht unbedingt heißen, dass sie miteinander vergleichbar sind. Angeblich gibt es verschiedene Gründe für das (für ihn ungünstige) Ergebnis. Oder mit anderen Worten formuliert: Wenn das Ergebnis der Studie so ausgesehen hätte, dass die Schulmedizin mit hohem Vorsprung und höchst signifikant die Homöopathie ausgestochen hätte, dann wäre das Ergebnis ein schlagender Beweis für die Untauglichkeit der Homöopathie gewesen. Da dem aber nicht so war, muss man sich die Interpretation des Ergebnisses so umbiegen, dass die Überlegenheit der Schulmedizin unter dem Strich erhalten bleibt, auch wenn es diese überhaupt nicht gibt…. – Ach so: davon also träumt anscheindend der Mann 24 Stunden am Tag….
Wenn man sich einmal das Umfeld anschaut, in dem sich der Weltkongress, die Skeptiker und die GWUP bewegen, dann stößt man sehr bald auf eine Webseite, die für ihre fragwürdigen Aktionen berühmt und berüchtigt ist: Esowatch.com. Dort wird der Zusammenhang zwischen Esowatch.com und GWUP und Skeptiker verdeutlicht: „Motive: Herausgeber und Autoren verschweigen ihre wahren Motive. EsoWatch.com ist in Wirklichkeit ein Projekt atheistischer Fundamentalisten mit pseudowissenschaftlichem Charakter. Es wird genutzt, um Personen und Sichtweisen zu bekämpfen, von denen sich der dem Verein „gwup | die skeptiker“ (Homepage, Blog) ideologisch nahestehende Autoren- und Unterstützerkreis bedroht fühlt.“
Und: „Interessant und spannend an EsoWatch.com ist die netzwerkartige Verflechtung mit Organisationen und Medien atheistischer Fundamentalisten (z. B. GWUP, Brights) und die Fähigkeit von Aktivisten der „Skeptiker“-Bewegung, wahrheitswidrige und/oder ideologisch verzerrte Informationen in renommierten Medien zu platzieren.“
Um Missverständnisse vorzubeugen, Esowatch.com hat mit Esowatch.org nichts zu tun. Die beiden Webseiten stehen sich in ihren Aussagen und Ansichten diametral gegenüber. Esowatch.org berichtet auf seiner Seite von Cyber-Mobbing, Domain-Diebstahl, Verleumdungen, Einschüchterungen von missliebigen Personen etc. seitens Esowatch.com. Und wie es aussieht, scheint Esowatch.com nichts anderes zu sein als die Exekutive einer feindlichen Gesinnung gegenüber alternativen Behandlungsformen, die auf dem Weltkongress mit ideologischen Mitteln bekämpft wurden, auf der Esowatch-Seite jedoch mit handfesten Aktionen gegen deren Protagonisten. Das hat m.E. teilweise ideologisch-faschistoide Züge, wo Andersdenkende mit den momentan verfügbaren Mitteln zusammengestaucht werden. Seit Juni ist die Seite Esowatch.com übrigens nicht mehr erreichbar. Möglicherweise spielt dabei ein Gerichtsurteil eine Rolle. Mittelweile ist die Seite aber wieder aktiv und versteckt sich hinter der Domain: Psiram.com – natürlich wieder anonym und ohne rechtsgültiges Impressum. Und Unterstützer dieses Treibens ist vielleicht ein (irgendwie) offizieller Regierungsvertreter, der sich anscheinend an einer Hetzjagd auf die Alternativmedizin beteiligt? Für mich hat sich Herr Windeler als IQWiG-Chef disqualifiziert.