In Studien, die untersuchen, wem Patienten am meisten bei der Information über Medikamente vertrauen, stehen immer wieder niedergelassene Ärzte auf Platz 1. Eine aktuelle Exploration des Instituts für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategie-Entwicklung (IFABS) ging dem Thema „Medikamenten-Information“ etwas differenzierter nach. Neu eingestellte Hypertonie-Patienten (n = 145) wurden zwei Monate nach Therapiebeginn befragt, welche Quellen sie zur Information über die ihnen verordneten Medikamente genutzt hatten, welches Vertrauen sie den einzelnen Quellen entgegenbrachten und wie sie die jeweilige Informationsqualität (Verständlichkeit und Ausführlichkeit) bewerteten. Durch Zusammenführung der beiden Dimensionen „Vertrauen“ und „Informationsqualität“ ergeben sich vier in der Therapiepraxis beobachtbare grundsätzliche Auswirkungen auf die Compliance: sind Vertrauen und Qualität sehr gut (sehr schlecht) ausgeprägt, resultiert hieraus eine Langzeit-Compliance (Null-Compliance). Ist das Vertrauen in eine Informationsquelle sehr hoch, die Qualität der vermittelten Informationen jedoch gering, wird die Compliance nur kurzfristig gefördert. Umgekehrt gilt: ein niedriges Vertrauen gepaart mit ausführlicher Information führt immerhin dazu, dass Patienten ihr Medikament mittelfristig einnehmen. Die u. a. Abbildung zeigt die Verteilung der Antworten auf die vier beschriebenen Konsequenz-Szenarien: auch in dieser Untersuchung erhalten die behandelnden Ärzte (A1) die beste Vertrauensbewertung. Diese ist jedoch nur mit einer geringen Informationsqualität verbunden. Die Befragten gaben hierzu an, dass die Ärzte relativ wenig Zeit auf die Erklärung der Medikamente verwendet und zum großen Teil unbekannte Fachbegriffe benutzt hätten. Anders die Apotheker (A3): mit nahezu identischem Vertrauensvorschuss erhielt man hier umfassende und verständliche Informationen, die auch die Sicherheit gaben, das verschriebene Medikament gemäß Vorgabe einzunehmen. Die nächste Vertrauens-Stufe teilen sich sonstige medizinische Berufe (A4) (z. B. Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste, Therapeuten etc.) und Medizinische Fachangestellte (A2). Etwa 56% der Arzthelferinnen werden von Patienten im Anschluss an Arztgespräche nach Informationen zu den verschriebenen Präparaten befragt (http://bit.ly/KqbEiR ). Aber auch ihre Zeit zur Aufklärung ist nur begrenzt. Patienten versuchen darüber hinaus, im privaten Umfeld (A6) an Informationen zu gelangen und greifen parallel auf die Informationen der Pharmazeutischen Industrie (A5) zurück, z. B. über Patientenseiten zu ihrer Medikation. Beide Bereiche rangieren aber sowohl unter dem Aspekt „Vertrauen“ als auch bezüglich einer umfassenden Beantwortung von offenen Fragen auf hinteren Rängen. Damit ist ihre Unterstützung der Compliance auch nur gering. Ausführlich und verständlich werden hingegen sonstige Informationen aus dem Internet angesehen (A7) (Medizin-Portale, Seiten von Selbsthilfegruppen etc.), allerdings verbunden mit leichten Zweifeln an der Glaubwürdigkeit. Dennoch sind sie geeignet, zumindest mittelfristig die Compliance zu sichern. Fazit: bei einer isolierten Betrachtung der Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen zu Medikamenten-Wirkungen und –Nebenwirkungen stehen Ärzte und Apotheker an erster Stelle. Bezieht man die Informationsqualität in die Betrachtung ein und fragt nach der erzielbaren Compliance-Wirkung, ist der von Medizinern erreichbare Effekt aber nur gering. Hier punkten vor allem Apotheker und Internetquellen. Abb. 1
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EPFL bestellt Online-Ausgabe von Science ab – nicht vertretbare Kostenerhöhung
Ab 2015 haben die Forschenden der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) keinen komfortablen Online-Zugriff mehr auf die renommierten Science-Zeitschriften:
- Science Online,
- Science Signaling,
- Science Express und
- Science Translational Medicine.
Die Universitätsbibliothek der EPFL schreibt:
Science AAAS publisher, is taking advantage of its dominant position and trying to impose not only an unjustified price increase, but also new contract terms, which are very restrictive and as a result unacceptable for us.
Der Science AAAS Verlag nützt seine dominante Stellung aus und versucht nicht nur eine ungerechtfertige Preiserhöhung, sondern auch neue Vertragsbedingungen durchzusetzen, welche sehr restriktiv und als Konsequenz inakzeptabel sind. [Eigene Übersetzung]
Die EPFL ist keine kleine Provinzuniversität, sondern gehört als zweite eidgenössische technische Hochschule zu den besten europäischen Universitäten.
Die Forschenden in der Schweiz gehen davon aus, dass die Fachzeitschriften (Journals) einfach vorhanden sind wie sauberes Trinkwasser. Die Beispiele der EPFL und auch der Uni Konstanz zeigen, dass dies leider nicht mehr immer der Fall ist.
Einige Journals wie jene von Science werden in der Forschungsgemeinschaft als unentbehrlich angesehen. Bisher kam keine Universitätsbibliothek darum herum diese renommierten Fachzeitschriften zu abonnieren. Der Markt kann nicht spielen. Der Wettbewerb kann nicht für angemessene Preise sorgen. Diese Position haben auch die Wissenschaftsverlage erkannt und erhöhen in regelmässigen Abständen die Preise – bis in astronomische Höhen. Verlage wie Elsevier erzielen mittlerweile Margen, die sogar jene der Pharmaindustrie übertreffen und deutlich höher sind als jene der Schweizer Grossbanken.
Open Access ist ein Mittel um die Marktmacht der dominanten Verlage zu brechen. Da die Kosten nicht mehr von den Lesern, sondern beim Veröffentlichen bezahlt werden. Der Markt kann spielen. Die Forschenden suchen sich eine passende Fachzeitschrift für ihre Arbeit aus – bei der das Ansehen, die Qualität und die Kosten stimmen.
Das deutliche Zeichen der EPFL sensibilisiert vielleicht die Schweizer Forschungsgemeinschaft und könnte zu einer grösseren Akzeptanz von Open Access bei den Forschern führen.
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF), die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), die Universitäten haben für eine offene Wissenschaft und gegen missbräuchliche Kostensteigerungen zu Open Access bekannt und Open Access als notwendiges Ziel erklärt.
Fazit
Das Ausnutzen der monopolartigen Stellung der renommierten Fachzeitschriften scheint immer unerträglicher zu werden, wenn sogar die EPFL den Zugriff auf angesehene Fachzeitschriften aus Kostengründen einstellen muss. Open Access wird nicht zum Selbstzweck gefordert, sondern um Marktprobleme zu beheben und die Zugänglichkeit für alle zu ermöglichen. Open Access ist ein einfaches Mittel um das Problem der unkontrollierbaren Kosten der renommierten Fachzeitschriften zu lösen.
via EPFL verzichtet auf online Ausgabe von Science
Nachtrag
[Aktualisierung 03.02.2015: Universität Leipzig bricht Verhandlungen mit Elsevier ab, 03.02.2015. Pressemeldung: „Wir sahen uns zum wiederholten Male damit konfrontiert, dass eine Reduzierung des Angebots mit einer deutlichen Preissteigerung einhergehen sollte. Dieser aggressiven Preispolitik können und wollen wir nicht mehr folgen. Und unsere Bereitschaft, über alternative Lizenzmodelle ins Gespräch zu kommen, stieß nicht auf positive Resonanz. Wir sehen nunmehr keine andere Möglichkeit als den Abbruch der Verhandlungen.“]
Patienten fordern bessere Medikamenten-Informationen: Exploration zum Entwicklungs-Stand des Adhärenz-zentrierten Managements in Arztpraxen / Infografik
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Krankenhaus-Image: “Hallo? Ich bin eine Frau!”
Dr. Petra M. kann über die medizinische Leistungsqualität der benachbarten Städtischen Kliniken nur Gutes berichten. Auch die Patienten sind mit ihrem Aufenthalt und der Betreuung dort zufrieden. Die Arztbriefe sind inhaltlich gut strukturiert und beinhalten genau die von ihr benötigten Informationen, kurz und übersichtlich dargestellt, allerdings dauert es sehr lange, bis sie zur Verfügung stehen, […]