Im Führungsmanagement pharmazeutischer Unternehmen ist das Szenario einer Marketingarbeit mit deutlich verringerter oder vollständig ohne Außendienstkapazität kein Tabu mehr. Das verwundert nicht, denn Untersuchungen (http://bit.ly/HJQXcM ) zeigen, dass der Präparate-Besprechungsanteil am Gesamt-Gespräch über Alt-Produkte bei etablierten, langjährig bekannten Mitarbeitern durchschnittlich nur bei 51,7% liegt. Die übrige Gesprächszeit entfällt auf die Erörterung gesundheitspolitischer Themen, Unterhaltungen über die aktuelle Situation der besuchten Praxis und Allgemeines (“Small Talk”). Die durch die Gespräche ausgelöste Handlungsrelevanz in Bezug auf den Präparate-Einsatz wird von lediglich 29% der Ärzte als “aktivierend”, von 57% als “ohne Konsequenz” und von 14% als “deaktivierend” bezeichnet. Hinzu kommt (http://bit.ly/wuFZhU ): der Außendienst ist bei Allgemeinärzten, Praktikern und Hausärztlichen Internisten im Bereich „Information“ fast vollständig ersetzbar. Stärkste „Konkurrenten“ der Mitarbeiter sind die Internetauftritte ihrer eigenen Firmen. Im Aktionsbereich „Service“ führt aus Arztsicht lediglich bei Fortbildungen kein Weg an Außendienstmitarbeitern vorbei. Insgesamt ist die durch den Vertrieb erzeugte Customer Experience sehr niedrig, denn Pharma-Referenten erfüllen durchschnittlich nur 56% der Kundenanforderungen (http://bit.ly/Op86uE ).
Damit stehen – vor allem für länger eingeführte Präparate – Kosten und Nutzen der Moments Of Truth des Außendienstes, die nur wenige Minuten pro Jahr ausmachen, in einem eklatanten Missverhältnis zueinander. Personalleiter und Managementverantwortliche gehen deshalb davon aus, dass mindestens ein Drittel der Außendienstkapazität abgebaut werden wird, da ein dauerhaftes Breitenmarketing über den Vertrieb nicht sinnvoll ist. Gelingt es den Outsourcing-Partnern der Industrie, die Qualität ihrer Leistungen noch besser zu belegen, wird die Reduktionsquote sogar wesentlich höher sein. Auch der Trend zur Unikats-Information unterstützt diese Reduktionsentwicklung: Ärzte möchten in zunehmendem Maß keine Informationen mehr, die ihnen zu unpassenden Terminen vermittelt werden und auf deren Art und Umfang sie keinen Einfluss haben. Gefragt sind Informationsoptionen, die zu arztbestimmten Zeiten individuelle Antworten liefern (z. B: Experten-Chats). Überdies beginnen immer mehr Marketingverantwortliche, ihre Arbeit konzentriert auf Key Opinion Leaders (KOL) und kleine, gewinnbringende Teilzielgruppen auszurichten.
Bislang antizipieren nur wenige Mitarbeiter im Außendienst diese Tendenzen. So liegen die privaten Ausgaben für persönliche Fortbildung lediglich bei durchschnittlich € 85,– pro Jahr (http://bit.ly/txlwRZ ). Grundsätzlich verlässt man sich auf die Ausbildungsmaßnahmen des Arbeitgebers, die jedoch hauptsächlich auf eine Intensivierung des Produktwissens und eine Verbesserung der Verkaufsfähigkeiten ausgerichtet sind. Regionale Markt- und Kundenforschung, Customer Experience Management, regionale Kooperationsförderung und B2B-Arbeitskonzepte, aber auch patientenorientierte Ansätze und Social Media-Aktivitäten (http://bit.ly/JiZoxW ) zählen nicht hierzu. Diese neuen Aktionsfelder bieten aber nicht nur Firmen eine Möglichkeit, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen, sondern bieten vor allem Außendienstmitarbeitern die Chance einer – relativen – Zukunftssicherheit.