Best Practice-Praxismanagement: Durch professionelle Delegation die Produktivität steigern und die persönliche Work-Life-Balance optimieren

Immer mehr Ärzte denken über die sog. Work-Life-Balance nach, d. h. über die Erzeugung eines ausgewogenen Verhältnisses von Arbeit und Freizeit. Der erste Ansatzpunkt, dieses Verhältnis zu optimieren, ist immer eine Überprüfung des beruflichen Zeitmanagements. Dabei stößt man bei 2/3 aller Ärzte auf das Phänomen des Theken-Tourismus. Gemeint ist damit, dass Praxisinhaber durchschnittlich 46 Mal aus ihren Konsultationszimmern an den Empfang kommen, um dort Anweisungen zu geben oder Organisatorisches zu erledigen. Bei einer mittleren Aufenthaltsdauer von 52 Sekunden ergibt sich hieraus ein täglicher Verlust an Arbeitszeit von gut 45 Minuten. Hierbei verlieren die Praxisinhaber vor allem Zeit durch die Übernahme von Aufgaben, die eigentlich in den Arbeitsbereich der Mitarbeiterinnen gehören: Unterlagen transportieren, Absprachen treffen oder Termine abklären. Wirft man einen Blick auf das Selbstmanagement von Ärzten, die für sich die Work-Life-Balance zu ihrer Zufriedenheit organisiert haben und untersucht die Gestaltung des dort etablierten Zeitmanagements, so findet man hier vor allem die Anwendung des Zeitmanagement-Prinzips „Delegation“. Der Begriff bezeichnet nichts anderes als eine strikte Aufteilung und Trennung der Aufgaben von Praxisinhaber und Personal. Der Nutzen dieses Prinzips ist vielfältig:
– da jedes Teammitglied weiß, welche Arbeiten in seinen Aufgabenbereich gehören, kommt es durch diese Einteilung und Koordination zu einer schnelleren Abwicklung aller Vorgänge,
– hierdurch werden Kosten gespart und die Produktivität steigt,
– es herrscht eine höhere Arbeitszufriedenheit, da viele Stressfaktoren ausgeschlossen werden und
– diese Arbeitszufriedenheit wirkt sich über ein verbessertes Betriebsklima gleichzeitig positiv auf die Patientenzufriedenheit aus.
Von der Delegation in der o. a. Definition ist die „Akut-Delegation“ zu unterscheiden. Sie beschreibt ein Verhalten, bei dem Aufgaben situativ an Mitarbeiterinnen übertragen werden. Arbeitsanalysen zeigen, dass dies aber meist nur in Überlastungsmomenten geschieht und keinem grundsätzlichen Prinzip folgt. Daher ist der Nutzen dieser Verhaltensweise aber auch nur gering ausgeprägt, u. a. auch zusätzlich dadurch begründet, dass bei Akut-Delegationen Aufgaben und Ziele meist nur unzureichend skizziert werden, was wiederum eine negative Auswirkung auf die Resultate hat. Das situative Delegieren und seine negativen Resultate ist einer der Gründe, warum viele Ärzte diesem Arbeitsprinzip kritisch gegenüberstehen. Ein anderer Grund ist das sog. „Aufgaben-Horten oder –Klammern“. Praxisinhaber, bei denen dieses Phänomen zu beobachten ist, befürchten, dass es durch die Abgabe von Aufgaben zu einem Kontroll- und Qualitätsverlust in der Praxisarbeit kommt. Dieses Problem kann jedoch ausgeschaltet werden, wenn das Funktionsprinzip erfolgreicher Delegation (vgl. Abb.) beachtet wird. Aus der Abbildung wird deutlich, dass die Transmitter zwischen der Aufgabenverteilung und der Aufgabenerledigung vor allem das Können und Wollen der Mitarbeiterinnen sind. Beide Größen werden durch die Auswahl der Mitarbeiterinnen, ihre Qualifizierung im Rahmen von Aus- und Weiterbildung, aber auch durch ihre Führung und Motivationsmaßnahmen direkt beeinflusst. Das Resultat einer adäquaten Gestaltung dieser Faktoren sind eine hohe Produktivität und eine Zeitersparnis, die vor allem dem Praxisinhaber zu Gute kommt. Zunächst muss ein Praxisinhaber selbst die Bereitschaft zur Delegation besitzen. Ist diese vorhanden („echte Delegation“), sind die zu delegierenden Aufgaben zu definieren. Diese Aufgabendefinition erfolgt nach einem einfachen Schema: was ist wann durch wen zu tun. Ein spezieller Punkt ist die Definition des „wie“: generell sollten die Mitarbeiterinnen genügend Entscheidungsspielraum haben, eigene Vorgehensweisen umzusetzen, da diese Eigenständigkeit ein wichtiger Motivationsfaktor ist. Andernfalls handelt es sich um die Form der sog. „Schein-Delegation“, d. h. es wird für das Personal lediglich der Eindruck der Delegation von Aufgaben mit Ausführungsfreiheit erweckt. „Schein-delegierende“ Praxisinhaber erkundigen sich in kurzen Abständen nach dem Fortgang der Dinge und nehmen kleine Veränderungen der Beauftragung vor. Hierdurch wandeln sich die initial abgegebenen Aufgaben zunehmend in Anweisungen. Das Resultat: die Mitarbeiterinnen verrichten ihre Arbeit als „Dienst nach Vorschrift“, da keine Aussicht auf Eigeninitiative besteht und die Ärzte fühlen sich in ihrem Gefühl bestärkt, dass sie wirklich fast alles selbst machen müssen. Vermieden werden sollten vor allem „schwammige“ Aufgabendefinitionen wie z. B.: „Und dann sollten wir noch Papier für den Drucker besorgen“ Diese Aussage ist allerhöchstens als unspezifische Absichtserklärung zu werten: wer ist „wir“, bis wann soll das Papier beschafft werden, zu welchen Konditionen soll es erworben werden, alle wirklich wichtigen Fragen bleiben offen … und damit auch die Aufgabenerledigung. Grundsätzlich gilt: je sorgfältiger und detaillierter diese Aufgaben formuliert sind, desto geringer ist der spätere zeitliche Aufwand der Aufgabenkoordination. Delegierte Aufgaben können nur sachgerecht erledigt werden, wenn die Mitarbeiter dies auch können und wollen, d. h. wenn die Fähigkeiten und die Bereitschaft zur Aufgabenübernahme vorhanden sind. Fehlen die Fähigkeiten, ist zu prüfen, ob sie durch Schulung / Ausbildung / Anleitung hergestellt werden können. Mangelt es an Bereitschaft, kann die Unkenntnis der Aufgabe der Grund sein, ansonsten können Faktoren wie z. B. Arbeitsüberlastung oder Teamkonflikte in Fragen kommen. Alle Punkte lassen sich häufig in einem persönlichen Gespräch ausräumen. Bei besonders befähigten und engagierten Mitarbeiterinnen kann die Delegation von Aufgaben, die bislang nicht zu ihrem Aufgabengebiet gehörten, sogar eine Motivationsfunktion haben. Selbstverständlich muss auch eine Sicherung der Aufgabenerledigung durch Kontrolle erfolgen. Der Kontrollbegriff ist leider sehr negativ belastet, da er meist im Kontext autoritärer Führungsmechanismen anzutreffen ist. Eine die Delegation unterstützende Kontrolle der Aufgabenerledigung definiert sich aber nicht als Zwangsinstrument, sondern als moderner Rückkoppelungsprozess, der im einfachsten Fall aus einer kurzen Notiz „Aufgabe erledigt“ besteht. Am besten wird die Form des Feedbacks gleich bei der Aufgabendelegation festgelegt.


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