( … was bisher geschah … ) Michelle mustert Anna Winter etwas irritiert. Diese muss irgendwie grinsen. Schweigen. Tom hustet. Hajos Rippen schmerzen und überhaupt ist die Situation komisch. Leila durchbricht die Stille. “Wollen wir nicht alle was essen? Ich hätte noch Lasagne …” “Gute Idee” heißt es einstimmig.
Und so kommt es doch tatsächlich zu einem gemütlichen abendlichen Zusammensein in der WG. Leila serviert Pasta und Tom schenkt (reinen) Wein ein, dazu etwas lockere 60er Jahre Beatmusik. Nach dem ersten Stück Lasagne erklärt Hajo Michelle die Situation und die Notlage von Anna. Komischerweise ist diese überhaupt nicht schockiert oder eifersüchtig. Ganz im Gegenteil, irgendwie versteht sie sich mit ihr immer besser. Sie scheinen gemeinsame Gesprächsthemen zu haben. Sie die elfengleiche Schwesternschülerin und sie, die Oberärztin mit den rehbraunen Augen.
Doch damit wir uns jetzt nicht falsch verstehen: Hajo hat nur Augen für Michelle. Aber irgendwie beachtet sie ihn momentan gar nicht mehr so wie erhofft. Zu vertieft ist sie ins Gespräch. Ein wirklich gemütlicher Abend. Hajo ist ziemlich erleichtert, dass er wieder zu Hause ist und dass Michelle hier ist. Jetzt überkommt Hajo aber eine gewisse allgemeine Körperschwäche. Schließlich hat er Rippenbrüche und einen Spannungspneumothorax. Schnellstmöglich möchte er sein Bett aufsuchen. Aber das ist von Anna belegt. Auf der Couch im Wohnzimmer kann er beim besten Willen nicht nächtigen. Zu hart und zu kantig. Was tun?
“Hajo?” stupst ihn Anna an.
“Äh, ja?”
“Hm, dein Zimmer ist wieder Dein! Danke. Ich werde heute die Couch nehmen. Morgen kann ich zurück in meine Wohnung … Danke nochmal!”
“Oh, toll, ich meine, ich habe zu danken!”
Dabei guckt er seiner Lebensretterin tief in die rehbraunen Abgründe.
“Hajo!” Michelle reißt ihn demonstrativ an sich heran.
“Äh ja?” Hajo wirds schwindelig. Die letzten Tage waren einfach zu medizinisch für unseren Stationsarzt.
“Geh ruhig schon ins Bett! Du musst dich noch schonen. Ich … also Anna und ich würden heute Abend noch auf ein kleines Musikkonzert gehen … The Staphylococs spielen …”
“Ja, geht nur, ähm viel Spaß!”
Hajos Gedanken rotieren. Michelle und Anna gehen auf ein Konzert? Sind das jetzt womöglich Freundinnen? Innerlich schüttelt er den Kopf. Am liebsten hätte er gesagt “Ja, Mama, Hajo geht jetzt ins Bett.”
Hajo fühlt sich irgendwie missachtet, sein Ego ist gehörig angekratzt. Mit einer gehörigen Portion Selbstmitleid verlässt er die Küche und steuert sein Bett zielsicher an. Zuvor verabschiedet er sich noch artig von den anderen. Er ist so fertig, hundemüde. Eigentlich müsste er jetzt eine Woche am Stück schlafen … ja genau, dann müsste er auch nicht mehr Michelle und Anna sehen und überhaupt.
Hajo schläft nach zehn Sekunden im eigenen Bett ein. Der Geruch von Anna begleitet ihn hinab in seine Träume …
Artikel von: Monsterdoc