Meine ersten 21 Tage in Kalkutta

Ein Bericht von Lisa Gambhir über ihren Einsatz in Kalkutta, Indien

Reibungslos kam ich am frühen Morgen in Kalkutta an und bevor ich mich an die 90%ige Feuchtigkeit gewöhnen konnte, wurde ich auch schon von unserem Fahrer  mit folgenden Worten begrüßt: „In my 13 years I never saw such a ‚German Doctor‘!“ („In meinen 13 Jahren habe ich noch nie so eine deutsche Ärztin gesehen!“).

Als deutsche Ärztin mit indischen Wurzeln versetzte mich dieser Kommentar und der Gedanke nun endlich auch mit indischen Patienten in Kontakt  treten zu dürfen in Euphorie.

Die mobile Ambulanz

Die mobile Ambulanz

Als „Mobile Team Ärztin“ bin ich mit zwei weiteren Kollegen fast jeden Tag an einem anderen ländlichen Vorort von Kalkutta und Howrah eingesetzt.  Die Anfahrt beträgt ca. 1-2 Stunden täglich.

Bereits nach den ersten Patienten gewöhnt man sich rasch an die neue Arbeitsweise mit Übersetzer und der Grundausstattung wie Stethoskop, Blutdruckmessgerät, Augenleuchte und vor allem die eigenen fünf Sinne. Auch, dass das Licht in den sehr dunklen Räumen manchmal ausfällt, gehört dazu. Meine Muttersprache ist Hindi, was die Kommunikation mit der Belegschaft, d.h. den Impf- und Pharmazieschwestern und Übersetzern, wesentlich erleichtert. Der Großteil der Patienten versteht jedoch besser Bengali.

Insbesondere während der Fastenzeit und der Feiertage des Ramadans stellten sich diabetische Patienten mit extrem entgleisten Zuckerwerten vor (Zuckerwerte von über 500mg/dl  waren keine Seltenheit, was in Deutschland schon längst ein Grund für eine stationäre Aufnahme gewesen wäre).

Ein unterzuckerter Mann mit diabetischem Fuß

Ein unterzuckerter Mann mit diabetischem Fuß, der von unserem Team ins Krankenhaus gebracht wurde

Der Ansturm  war nach den Feiertagen des Ramadan umso höher. Selbst bei Monsunregen warteten die Patienten  auf einen Stempel. Da heißt es für uns den Überblick zu bewahren und  Kindern, schwangeren Frauen und schwerkranken Erwachsenen den Vorzug zu geben. Leider kann man nicht alle Patienten stempeln, und muss sie trotz der langen Anreise wieder nachhause schicken.

Hier stemple ich gerade Patienten

Hier stemple ich gerade Patienten

Warteschlange in Topsia

Warteschlange in Topsia

Eine besondere Herausforderung stellen solche Krankheiten dar, denen man in Deutschland kaum begegnet: in der ersten Woche hatte ich eine junge Patientin mit  Lepra, die nicht mehr gehfähig war. Bei dieser chronischen Infektionskrankheit sterben die Nerven ab, Gefäße verstopfen und es kommt zu infizierten Wunden, die tödlich sein können. Solche Patienten werden im speziellen Lepra-Zentrum mitbehandelt.

In Indien stellt Lepra im Gegensatz zu anderen Teilen der Welt ein ernstes Problem dar. Bei uns German Doctors erfolgt die Wundkontrolle und Überprüfung der Symptomatik. Man darf nicht vergessen, dass diese Erkrankung einen sozialen Ausschluss bedeutet, vor allem für junge Frauen wie meine Patientin.  Deshalb ist es umso wichtiger „dran“ zu bleiben.

Das gilt auch für die Tuberkulosekrankheit, die in unseren Einsätzen eine sehr bedeutende Rolle spielt. Auch hier sind Tuberkulosezentren für die Therapie zuständig, die durch uns kontrolliert und finanziert wird. Kinder werden sogar stationär aufgenommen.

Die alleinerziehende Mutter unten im Bild leidet sowohl an Lungentuberkulose als auch Hepatitis B. In so einem Fall werden alle Kinder und Familienmitglieder auf Tuberkulose getestet. Bei der kleinen Tania (links im Bild) konnte so Lungentuberkulose festgestellt werden;  ihre Behandlung auf der Kinderstation wurde am selben Tag begonnen.

Die Mutter leidet an Lungentuberkulose und Hepatitis B.

Die alleinerziehende Mutter leidet sowohl an Lungentuberkulose als auch Hepatitis B

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