Auszüge aus dem Tagebuch der Einsatzärztin Barbara Haider aus Nairobi, Kenia
Tag 1
Nachts um 1.00
Zwei Stunden habe ich geschlafen wie betäubt. Jetzt scheint es fürs Erste vorbei zu sein und ich lausche den afrikanischen Grillen und Zirpen sowie irgendwelchen nahen Gesängen, die die Fremdheit der Nacht herausstreichen.
Die Villa Zorilla, das ehemalige Haus der Belegschaft des Utali College, in dem Köche und Kellner des gleichnamigen Hotels ausgebildet werden, ist meine neue Bleibe.
Tag 2
Ich entscheide mich für einen ersten Gang durch den Slum mit der Langzeitärztin und ihren zwei Besucherinnen, denn dort soll ich ja ab morgen arbeiten. Wir gehen zu Fuß über das Gelände eines Stromversorgers hinter unserem bewachten „Park“gelände, in dem die Jakarandabäume und die Flaschenbürstenbäume blühen, ich glaube sie heißen African Bottlebrush, kenne ich schon vom Okavango aus Namibia.
Die gut gekleideten Menschen, die uns entgegen kommen gehen zu den Gottestdiensten der verschiedensten Kirchen, deren Gesang und Getrommel von überall her zu hören ist. Von oben sehen wir auf die Dächer der Hütten; die besseren in der KfW- Street wurden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau saniert, die „Heidemarie-Schule“ von Frau Wieczorek-Zeul, der roten Heidi zu ihren Ministerzeiten finanziert.
Dann steigen wir ab und sind von hunderten Kindern („how are you, jambo, how are you!“) sofort umringt, die mich an die Hand fassen und mit mir gehen, bis ich nicht mehr mag. MUZUNGU! Jetzt bin ich das also. Es stinkt inzwischen ziemlich und wir laufen auf einem Trampelpfad aus Abfall an kleinsten Marktständen vorbei, an denen gebrutzelt wird, unter denen Hunde und Hühner laufen, Schafe liegen.
Die Hütten werden immer schlimmer, wer Blech hat, hat es noch gut, denn Blech ist regendicht. Wenn es Latrinen gibt, kosten sie ein wenig Eintritt, der dann Jugendprojekten zu Gute kommt, die Jugendlichen halten angeblich die Latrinen sauber. Wer sich das nicht leisten kann, geht wohl in den Fluss … . Aber es gibt Wasserstellen; die Frauen waschen die Wäsche und viele sehen sauber aus. Je weiter wir in die verzweigten Gassen kommen, desto erbärmlicher werden allerdings die Kinder. Am Ausgang des Slums werden irgendwelche Kohlpflanzen kultiviert, die nicht sehr wüchsig und noch weniger appetitlich aussehen.
Anschließend zurück in der anderen Welt: Pool, heute mit vielen schwarzen, mittelständischen Familien, die mit viel Rhythmus und Klängen den Sonntag im Hotelgarten verbringen. Meine Haut hat plötzlich genug Sonne, ich muss vorsichtiger sein, wir sind am Äquator und 1500m hoch.
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