“Frischzellen-Kur” für Arztpraxen: Optimierung des Praxismanagements durch professionelles Zeitmanagement

Untersuchungs-Design: Die Praxen von 112 Ärzten verschiedener Fachrichtungen, die über gravierenden Zeitmangel klagten, wurden vor und nach den Einführung eines professionellen Zeitmanagements im Hinblick auf die Entwicklung der Parameter
– ​Arbeitszufriedenheit Praxisinhaber
-​ Stressbelastung Praxisinhaber
-​ Mitarbeiterzufriedenheit
-​ Stressbelastung Mitarbeiterinnen
-​ Patientenzufriedenheit
untersucht. Zwischen den beiden Untersuchungspunkten lagen zehn Monate.
Untersuchungsergebnisse: In den Praxen wurden nach Durchführung einer Analyse des ärztlichen Arbeitsverhaltens u.a. folgende Zeitmanagement-Prinzipien eingeführt:
-​ Arbeitsziele bilden (was soll pro Tag erreicht werden?)
– ​Störungen vermeiden
– ​Aufgaben nach Wichtigkeit klassifizieren
-​ Delegation aller nicht-ärztlichen Aufgaben an die Mitarbeiterinnen
– ​Bildung von Arbeitsblöcken (z. B. alle Kurzkontakte oder alle schriftlichen ​Arbeiten bündeln)
– ​Schriftliche bzw. Elektronische Planung der Arbeit (Timer, Wartezimmerliste ​etc.)
-​ Verbesserung der internen Kommunikation (Verabredung von Routinen zum ​Informationsaustausch mit den Mitarbeiterinnen)
– ​Optimierte Arbeitsplatzorganisation (vor allem Ablagebearbeitung)
Im Vergleich der Untersuchungsparameter vor und nach Einführung dieser Regelungen ergaben sich folgende Werte (Skalierung “Zufriedenheit”: von „1“ = „sehr zufrieden“ bis „6“ = „vollkommen unzufrieden“, Skalierung “Stressbelastung” von „0“ = „keine Stressbelastung“ bis „10“ = „extreme Stressbelastung“, Daten: vorher / nachher):
– Arbeitszufriedenheit Praxisinhaber: 4,8 / 2,4
– Stressbelastung Praxisinhaber: 7,6 / 2,5
– Mitarbeiterzufriedenheit: 4,1 / 2,3
– Stressbelastung Mitarbeiterinnen: 6,7 / 2,8
– Patientenzufriedenheit: 3,6 / 2,5.
Kommentar: Die Untersuchung macht deutlich, dass das ärztliche Zeitmanagement einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität der Praxisarbeit und auf das Praxisklima hat. Mit einem professionellen Zeitmanagement entlastet sich der Arzt nicht nur selbst, sondern fördert auch die Arbeitsmotivation und –produktivität seines Teams. Beide Effekte fließen dann in eine gesteigerte Patientenzufriedenheit ein, so dass auch das qualitative – und mittel- bis langfristig – auch das quantitative Praxisergebnis verbessert werden. Für die Praxisinhaber bedeutete die Veränderung nicht unbedingt, dass sie weniger arbeiteten, sondern dass sie vor allem entspannter und ohne Druck ihr nunmehr überschaubares Arbeitspensum bewältigen konnten. Achtzehn der Ärzte hatten bei der Initialuntersuchung angegeben, dass sie eindeutige Burn-out-Symptome an sich beobachtet hatten, die nach Umstellung des Zeitmanagements weitgehend verschwanden. Die deutlich erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit beruht vor allem auf der Berechenbarkeit des Praxisbetriebes für das Personal. Wurde vor Einführung des Zeitmanagement aktionistisch gearbeitet, entstand durch das neue Zeitmanagement der Praxisinhaber eine klarere Arbeitsstrukturierung, die vor allem durch die informative Abstimmung gefördert wurde. Die gesteigerte Patientenzufriedenheit resultierte zum einen aus einer deutlich verbesserten Praxisorganisation, bei der auch die in allen untersuchten Praxen zu langen Wartezeiten verkürzt werden konnten, zum anderen aus einer intensiveren Zuwendung der Ärzte, die aufgrund ihrer klaren zeitlichen Strukturierung wesentlich ruhiger und patientenbezogener arbeiteten. Für die Praxisinhaber war vor allem überraschend, dass ihr Zeitdruck-Empfinden nicht hauptsächlich durch die von ihnen angenommenen Größen wie eine zu hohe Patientenanzahl oder einen zu umfangreichen Administrationsaufwand, also externe Einflüssen, sondern vor allem durch eine eigene Fehler bei der Zeiteinteilung verursacht wurde.
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