Auszüge aus dem Tagebuch der Einsatzärztin Barbara Haider aus Nairobi, Kenia
Tag 4
Heute fühlte ich mich schon deutlich sicherer, es wird werden. Das Motto von Johannes aus Kampala „no fear and never give up!“ scheint zu helfen. Es geht gleich los, meine Patientin von gestern lebt noch und es geht ihr heute deutlich besser, sie begrüßt mich winkend und lächelnd. Sie bekommt wieder eine antibiotische Injektion und Flüssigkeit.
Allerdings werden ihre beiden Enkelinnen angelernt, ihr ORS (orale Rehydratationslösung) notfalls mit dem Löffel einzuflößen. Vielleicht können wir sie morgen auch auf orale Antibiose umstellen.Das würde die Kosten reduzieren, um die es hier immer geht- gehen muss, sind wir doch von den Spendengeldern abhängig, mit denen sehr verantwortlich umgegangen wird.
Im Verbandszimmer sehe ich dieses einjährige Baby, das von unserer Chirurgin Christina versorgt wird. Es war allein in der Hütte, als diese im Juli abbrannte und hat schwere Verbrennungen am Kopf, im Gesicht und an den Füßen davongetragen. Die jugendliche Mutter ist verschwunden und eine ehrenamtliche Gesundheitsarbeiterinund die Großmutter kümmern sich. Es geht ihm jetzt schon gut, aber ich stelle mir die Schmerzen vor – oder lieber nicht?
Danach sehe ich mehrere Patienten mit Geschlechtskrankheiten, bis dato unbekannten HIV- Infektionen, verschwiegenen oder wirklich nicht bekannten fortgeschrittenen Schwangerschaften. Eine junge schwangere Frau begleite ich zu Florence, der Krankenschwester in dem Partnerprojekt der CCC- Klinik, die sich um die Einschreibung in die Schwangerenbetreuung kümmert. Sie füllt den Mutterpass aus und führt eine Tetanusimpfung durch. Pränatale Versorgung eben.
Sie führt ein so einfühlsames Beratungsgespräch mit der jungen verschreckten Frau, dass ich ganz berührt bin. So wurde ich nicht beraten, als ich zum ersten Mal schwanger war, psychosoziale Begleitung vom Besten.
Danach weiter in der Sprechstunde, die Übersetzerin Fetika ist ein Goldstück, sie bringt mir nebenbei noch die ersten Brocken Swahili bei: tafadhali lala pale (bitte hierhin legen), uchungu (Schmerz), Kohoa (Husten) und vor allem pole pole (langsam, langsam) und hapana baia (kein Problem) – immer mit einem Lächeln.
Ich erinnere mich an meine medizinischen Anfänge im Grenzdurchgangslager Friedland, Russlanddeutsche, schlimmste verschleppte Krankheiten und wenig Sprachkenntnisse auf beiden Seiten – das fühlte sich heute so ähnlich an. Diesmal habe ich aber Kollegen im Nachbarzimmer, die ich auch mehrfach zu Rate ziehe – und eben Fetika.
Zum Abschluss des Tages ist heute Aerobic geplant. Friederike und ich wollen eigentlich lieber schwimmen, gehen dann aber zwecks Teambildung doch für eine Stunde mit: Im leer geräumten und frisch gewischten Speiseraum des Feeding Center wartet schon der Trainer auf uns und gibt uns gleich eine Extralektion in Stretching. Wir sind die ersten und nach und nach kommen die Krankenschwestern und Gesundheitsarbeiter, die German Doctors und Köchinnen dazu.
Danach entspannen wir uns dann doch noch wohlverdient im Pool, 1000 Meter sind Ehrensache. So könnte es weitergehen….
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