Die “Anti-Personalisierungs-Strategie” bei Patientenbeschwerden – Basis eines professionellen Beschwerdemanagements in Arztpraxen / Best Practice-Praxismanagement

Nur etwa 2% aller Praxisbesucher beschweren sich bei Ärgernissen. Das hat – langfristig betrachtet – fatale Folgen für einen Praxisbetrieb: zum einen werden negative Erfahrungen in einer Praxis über Mund-zu-Mund-Propaganda an Dritte weitergegeben und schaden damit entscheidend dem Image. Zum anderen – abhängig vom individuell empfundenen “Schweregrad” des Ärgernisses – suchen Patienten stillschweigend einen anderen Arzt auf. In beiden Fällen erfährt das Praxisteam nichts oder erst sehr spät über die Negativreaktionen. Dann sind mögliche Zusammenhänge aber nicht mehr direkt herstellbar, die Fakten jedoch geschaffen. Hierdurch wird deutlich, welche Bedeutung ein systematisches Beschwerdemanagement für den Praxiserfolg hat. Beschwerden entstehen immer dann, wenn Erwartungen der Patienten durch die Realität des Praxisbesuches nicht erfüllt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Erwartungen vielleicht zu hoch oder unrealistisch waren, es zählt lediglich die Erfüllung oder Nichterfüllung. Ein professionelles Beschwerdemanagement besteht aus zwei Bereichen: der Beschwerdeprävention und der Beschwerdebehandlung. Die Prävention verfolgt das Ziel, die Erwartungen der Patienten und deren Zufriedenheit möglichst vollständig zu kennen. Das Instrument der Beschwerdeprävention ist die Patientenzufriedenheitsbefragung. Die Beschwerdebehandlung greift, wenn es dennoch zu Beschwerden kommt, die auch bei bester Prävention nicht immer vermieden werden können. Besonders wichtig ist in diesem Aktionsbereich, dass Beschwerden innerhalb des Teams nicht personalisiert und emotionalisiert werden. Häufig findet sich im Praxisalltag leider genau das Gegenteil: die Beschwerde wird – von Praxisinhaber(n) und Kolleginnen – als Versagen einer oder mehrerer Personen gesehen, die hierfür die volle Verantwortung tragen und – je nach Schwere des “Vergehens” – deshalb auch zumindest getadelt, wenn nicht gar bestraft werden müssen. Natürlich ist jede Praxismitarbeiterin für ihre Fehler selbst verantwortlich. Das in vielen Praxen hieran gekoppelte “Ahndungswesen” lässt jedoch kaum Spielraum für eine gute Beschwerdebehandlung. Diese kann erst erfolgen, wenn den Anlässen möglichst objektiv begegnet wird. Im Vordergrund steht zunächst die Wiederherstellung der Patientenzufriedenheit, danach die Beseitigung des Beschwerdegrundes. In der Regel handelt ja niemand in einer Praxis bewusst fahrlässig oder mutwillig. Vielmehr sind häufig organisatorische Defizite, Ausbildungsmängel oder Überforderung für Beschwerden verantwortlich, Punkte also, für die die einzelne Mitarbeiterin meist gar nicht direkt die Schuld trägt, sondern die im Verantwortungsbereich des Praxisinhabers liegen.

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