Die “Moments of Truth” in der Arztpraxis: Stimmen Anspruch und Realität der Praxis-Selbstdarstellung aus Patientensicht überein?

Auf ihren Internetseiten und in Praxisbroschüren stellen niedergelassene Ärzte die Leistungen ihrer Betriebe und alle Aspekte, mit denen sie die Zufriedenheit ihrer Patienten sicherstellen möchten, so positiv wie nur möglich dar. Entscheidend für den Erfolg der Versprechungen und Ankündigungen – vor allem bei Neupatienten – ist jedoch, dass sie in der Realität auch eingelöst werden. Der Abgleich zwischen Anspruch und Wirklichkeit erfolgt in den sog. “Momenten der Wahrheit”. Der Begriff bezeichnet das Aufeinandertreffen von Zustands- oder Situationsbeschreibungen, z. B. “kurze Wartezeit”, mit dem Erleben der Patienten. Stimmen beide überein, entstehen Patientenzufriedenheit und Vertrauen, klaffen sie auseinander, kann es sein, dass Praxen neu gewonnene Patienten gleich wieder verlieren. Deshalb ist es unerlässlich, die Praxis-Selbstdarstellung regelmäßig kritisch zu analysieren und mit den tatsächlichen Verhältnissen zu vergleichen, z. B im Rahmen von Patientenbefragungen. Die folgende Zusammenstellung enthält einige häufig verwendete Selbstbeschreibungen von Arztpraxen nebst den zugehörigen Überprüfungs-Fragen:
– „Es liegt uns am Herzen, dass Sie sich bei uns wohlfühlen.“: bekommt wirklich jeder Patient die volle Aufmerksamkeit von allen Team-Mitgliedern? Herrscht in der Praxis eine “Wohlfühl-Atmosphäre”?
– „Wir bemühen uns um kurze Wartezeiten.“: sind die Wartezeiten grundsätzlich kurz? Erhalten die Patienten bei längeren Wartezeiten Informationen über die Gründe? Werden Ausweichtermine angeboten?
– „Über Anregungen zur weiteren Verbesserung des Praxisbetriebes freuen wir uns.“: existiert eine Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge abzugeben, z. B. mittels einer Karte, die diskret in eine Box eingeworfen werden kann? Werden regelmäßig Patientenzufriedenheitsbefragungen durchgeführt?
– „Den Notdienst außerhalb der Sprechzeiten erfahren Sie über den Anrufbeantworter unserer Praxis.“: ist diese Information tatsächlich Bestandteil des Anrufbeantworter-Textes? Ist die Ansage verständlich gesprochen? Ist sie gut zu verstehen?
– „Wir nehmen uns viel Zeit für unsere Patienten und gehen individuell auf Ihre Sorgen und Beschwerden ein.“: ist die Betreuung so, dass die Patienten wirklich das Gefühl haben, viel Zeit zu erhalten? Wird auf Sorgen und Beschwerden eingegangen?
– „Sie können aber bei wichtigen Fragen auch spontan in die Sprechstunde kommen.“: wie reagiert das Team, wenn Patienten diese Option wahrnehmen? Ist genügend Zeit für solche unvorhersehbaren Ereignisse vorhanden?
– „Ihre Wünsche werden bei uns auch gerne per E-Mail bearbeitet.“: werden E-Mails regelmäßig abgerufen? Wie lange dauert es, bis E-Mail-Nachrichten bearbeitet werden?

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