Wer kennt sie nicht? Die ewig lächelnde Zahnarztgattin, die uns die Vorzüge der beworbenen medizinischen Zahncreme erläutert und uns dabei ihre makellos weißen Zähne zeigt. Aber warum ist es die wehrte Gattin und nicht der Zahnarzt selbst, der uns an ihrem Insider-Wissen teilhaben lässt? Die einfache Antwort: Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist schuld.
Werbung ist auch für Ärzte ein wichtiges Instrument, um neue Patienten zu gewinnen und alte an die Praxis zu binden. Doch ist Vorsicht geboten, wenn Heilberufler für sich und ihre Schwerpunkte werben möchten. Das Heilmittelwerbegesetz regelt, an welche Vorschriften Ärzte sich bezüglich ihrer Werbemaßnahmen halten müssen. Aber: In Zukunft wird alles ein bisschen lockerer. Am 21. September 2012 stimmte der Bundesrat einer Neufassung des Heilmittelwerbegesetzes zu und liberalisierte so die Werbung für Heilmittel – zu Lasten einer Person: der Zahnarztfrau.
Sie begleitete uns lange durch die TV-Werbespots, denn sie vertritt dort ihren Mann, der laut § 11, Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Heilmittelwerbegesetzes nicht selbst im weißen Kittel für Arzneimittel und Behandlungsmethoden werden durfte. Da die Gattin selbst keine Ärztin ist und uns somit nur ihre „zahnhygienische Lebenserfahrung“ weitergibt, fallen ihre Ratschläge ans Publikum auch nicht unter das HWG. Die Neuerungen könnten dafür sorgen, dass Herr Doktor seine Frau nun endgültig aus der TV-Werbung verdrängt. Schon in den vergangenen Jahren begrüßte er uns vermehrt direkt aus seiner Praxis. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht lockerte bereits 2007 das sogenannte „Kittel-Verbot“, im HWG wurde der Passus aber erst in diesem Jahr gestrichen. Was ändert sich für unseren Zahnarzt noch? Hier einige Beispiele:
Ebenso entfällt das Verbot, medizinische Fachtermini in Werbebotschaften zu verwenden, sofern diese nicht irreführend sind. Herr Doktor Zahnarzt darf uns, die TV-Zuschauer, in Zukunft also für kompetent genug halten und ein wenig fachsimpeln. Die Frage bleibt nur: Was hat das Publikum davon? Daher ist er wohl gut beraten, die Zahncreme weiterhin mit laienverständlichen Ausdrücken anzupreisen – das gilt natürlich auch für alle anderen Ärzte, die mit Veröffentlichungen für ihre Praxis oder bestimmte Produkte werben.
Überarbeitet hat der Gesetzgeber zudem § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7. In der alten Fassung hieß es, Werbung dürfe keine Angstgefühle hervorrufen. Heute ist es unserem Zahnarzt beispielsweise untersagt, uns einzubläuen, ohne eine professionelle Zahnreinigung könnte unsere Gesundheit beeinträchtigt werden. Freuen wir uns jedoch über unsere viel weißeren Zähne, weil wir auf sein Produkt vertrauen, dürfen wir dies jetzt auch offen kundtun, zum Beispiel auf seiner Website. Dankschreiben und Äußerungen Dritter sind nach der neuen Fassung erlaubt, ohne dass unser Zahnarzt eine Abmahnung fürchten muss. Wie alle anderen Werbemaßnahmen dürfen diese Aussagen nicht missbräuchlich, abstoßend und irrführend sein. Dies regelt § 3 des HWG. Die bestehenden Verbote lassen sich letztlich in diesem Irreführungsverbot grob zusammenfassen. Was am Ende Irreführung ist, ist jedoch ein weites Feld.
Wir können also gespannt sein, wie sich Herr Doktor nun in den Medien präsentieren wird. Hoffentlich lässt er sich trotz der Lockerungen im HWG rechtlich weiterhin gut beraten, um auch in Zukunft auf der sicheren Seite zu sein. Seiner Frau wünsche ich alles Gute für die Zukunft – ich werde ihr strahlendes Lächeln vermissen.