„Die Ärzte sind toll, den Rest kann man vergessen!“: Wie das Zwei-Welten-Phänomen die beste ärztliche Patientenorientierung scheitern lässt / IFABS Benchmarking-Fallstudie „Arztpraxis“

Die beiden Ärzte einer allgemeinmedizinischen Doppelpraxis mit 2 Vollzeit- und 4 Teilzeitkräften sowie einer Auszubildenden sind erstaunt bis entsetzt, als sie das Ergebnis ihrer Benchmarking-Praxisanalyse (http://bit.ly/OzmOiQ ) in Händen halten. Obwohl sie nach eigener Meinung – und im Benchmarking-Vergleich mit der Fachgruppe auch objektiviert – alle für ein solide funktionierendes Praxismanagement notwendigen Vorkehrungen getroffen haben, ist die Zufriedenheit der Patienten nur gering ausgeprägt. Dieses Negativ-Ergebnis schlägt sich nicht nur in der als Schulnote ermittelten Gesamtzufriedenheit von 4,2 nieder, sondern auch in den Bewertungen vieler Einzelmerkmale. Abb. 1 zeigt das Stärken-Schwächen-Zufriedenheitsprofil im Fachgruppen-Benchmarking-Vergleich (0% entspricht dem Fachgruppen-Durchschnitt, negative / positive Werte zeigen Unter- / Überschreitungen des Durchschnitts an). Die Fachgruppe ist im Fall dieser Praxis der relevante Vergleichsstandard, da die beiden Ärzte mit ihrem Praxisbetrieb eine Halte-Strategie verfolgen (bei einer Wachstums-Orientierung wäre der Best Practice-Standard der Orientierungs-Maßstab). Das Zufriedneheits-Profil zeigt eine eindeutige Zweiteilung: die meisten Betreuungs- und Kommunikations-Merkmale sind überdurchschnittlich gut ausgeprägt, Organisation und Praxisgestaltung deutlich unterdurchschnittlich. Damit gelingt es dem Ärzte-Team, das sich mit großer Zuwendung für seine Patienten engagiert (vgl. Abb.: 82% über dem Fachgruppen-Durchschnitt), nicht, mit seiner Zuwendungsintensität die negativ ausgerichteten Parameter auszugleichen. Das Problem ist dabei, dass die Ärzte sich der Unzufriedenheit und ihres Ausmaßes gar nicht bewusst waren. Die Ursache: das in Arztpraxen häufig anzutreffende Zwei-Welten-Phänomen http://bit.ly/VRrxhy ). Ein Blick auf die Patienten-Kommentare skizziert die Problembereiche und gibt gleichzeitig Hinweise auf die wichtigsten Optimierungsansätze:
– Zeitungsständer im Wartezimmer ist ungünstig platziert
– Langes Warten auf einen Termin
– Lange Wartezeiten in der Praxis
– Schlechte telefonische Erreichbarkeit
– Umständliches Prozedere bei Rezeptanforderungen oder dringenden Überweisungen
– Unfreundlichkeit der Sprechstundenhilfen
– Wartezimmer sehr kahl und ungemütlich
– Zu wenig Freundlichkeit beim Empfang
– Helferin am Telefon hilft einem weiter, klingt aber total gelangweilt und unmotiviert
– Langes, unnötiges Warten auf Rezepte
– Einmal habe ich gehört, wie das Personal über mich gelästert hat, als ich die Praxis verließ
– Patzige Antworten des Personals
– Die Ärzte sind toll, den Rest kann man vergessen
– Im Wartezimmer hat man das Gefühl, in einem Käfig zu sein
– Die Ansprache der Helferinnen ist manchmal etwas „heftig“
– Helferinnen verbummeln Termine und geben dem Patienten die Schuld‘
– Mitarbeiterinnen halten Zusagen nicht ein
– Falsch ausgefüllte Überweisung
– Fehlende Diskretion durch offenen Wartebereich
– Man bekommt oftmals das Gefühl, als Bittsteller in die Praxis zu kommen
– Helferinnen zeigen kein Verständnis für besondere Situationen
– Es ist sehr hellhörig in der Praxis, man bekommt auch mit, was der Arzt mit den Patienten bespricht
– Wieso darf man Rezepte nur per Mail oder per Brief bestellen?
– Unfreundlichkeit
– Als ich ein Rezept schnell benötigte wurde mir sehr unfreundlich mitgeteilt, dass ich es einen Tag vorher hätte bestellen müssen.
Das Analyse-Ergebnis verdeutlicht, wie notwendig eine regelmäßige Betrachtung des Praxisgeschehens von außen ist, um aus Betriebsblindheit resultierende Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen.
IFABS Benchmarking-Praxisanalyse Patientenzufriedenheit
Abb. 1

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