(P. Köhler) Am 3. Januar erschien in der FAZ ein interessanter Artikel von E. Vaniet: Der Tumor ist eine Festung – doch man kann sie durchbrechen. Die Journalistin beschreibt einige aktuelle Ansätze, aus defekten Eiweißstrukturen (Mutationsantigene) an der Oberfläche von Krebszellen maßgefertigte Impfungen zu entwickeln.
Tatsächlich kennt man bis jetzt über 2000 verschiedene Tumorantigene, also Eiweißstrukturen auf der Oberfläche von Krebszellen. Einige davon sind relativ spezifisch für ihre Krebszellen; gegen solche Antigene sind Antikörper oder small molecules schon länger auf dem Markt. Ein Beispiel ist Trastuzumab gegen HER2/neu-exprimierenden Brustkrebs.
Vaniet fokussiert in ihrem Text auf die Aktivierung der körpereigenen Immunzellen gegen die Mutationsantigene. Im Gegensatz zu den industriell hergestellten Antikörpern, die der Patient passiv erhält, wäre das eine Aktive spezifische Immuntherapie (ASI), eine echte Hilfe zur Selbstheilung.
ASI-Versuche (Zellaktivierung, Krebsvakzine usw.) gibt es seit den 1970er Jahren, aber bisher erwiesen sie sich als weitgehend erfolglos, sodass die Methode sich nicht etablieren konnte und heute nur noch in der Alternativmedizin an Krebskranken eingesetzt wird.
Anlass des FAZ-Artikels ist vermutlich eine Ankündigung des von Wissenschaftlern des Instituts für translationale Onkologie der Uni Mainz 2008 gegründete Startup BioNTech AG. Der FAZ zufolge soll Mitte 2013 die erste Phase-I-Studie von BionTech/Ribological mit Melanompatienten beginnen. Die ursprüngliche Ankündigung oder Pressemitteilung konnte ich nicht mehr auffinden. Ich vermute aber, es handelt sich um diese Studie.
Auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit und Webseite der kleinen Firma derzeit noch eher wenig Vertrauen erwecken, so ist ihr Ansatz, die Tumorgenome individueller Patienten zu sequenzieren und aus den gefundenen Mutationen Kombinationsimpfstoffe zu entwickeln, doch hochinteressant.
Krebszellen enthalten oft hunderte von Mutationen, viele davon in Schlüsselproteinen, die für die Zelle lebensnotwendig und daher angreifbar sind. Leider ist die Datensammlung des Cancer Genome Projects für Melanome noch nicht abgeschlossen, aber es ist schon sicher, dass gerade Melanomzellen sehr viele Mutationen tragen. Das Melanom ist gleichzeitig sehr aggressiv und besonders empfindlich gegenüber den unterschiedlichsten Immuntherapien.