Zum Nachteil der Patienten und zum eigenen Schaden: Defizitäres Überleitungsmanagement von Krankenhäusern und niedergelassenen Spezialisten

Ein professionell gestaltetes Überleitungsmanagement fördert nicht nur die Adhärenz und steigert die Qualität der medizinischen Versorgung, sondern wirkt sich auch für die Kooperationspartner ökonomisch positiv aus. Güte und Funktionalität der Schnittstellenbeziehungen werden durch die Ausprägungen von zwei Dimensionen bestimmt: der Informations- und der Organisationsqualität. Das Wissen um die Leistungsmöglichkeiten, persönliche Kontakte zu Behandlern sowie Berichte über aktuelle Entwicklungen sind für Kooperationspartner ebenso wichtig wie die Sicherstellung tragfähiger, gleichermaßen klinik- und praxistauglicher Prozesse, z. B. in Form einer schnellen Arztbrief-Zustellung.
Bei der Überleitung von Patienten aus Krankenhäusern zu den jeweiligen Einweisern lassen sich aus unseren Untersuchungen durch die Gegenüberstellung der Bewertungen aus Einweiser-Zufriedenheitsbefragungen zur Organisations- und Informationsqualität von Kliniken vier Kooperations-Grundformen ableiten, die das derzeitige Problem dieses Überleitungs-Segments verdeutlichen:
– Eine hoch bewertete Informationsqualität in Verbindung mit einer ebenfalls positiv ausgeprägten Organisationsqualität ergibt die Einschätzung einer ideal gestalteten Kooperation, von der beide Partner profitieren. Sie findet sich in 16% der Kooperationsbeziehungen.
– Sind beide Parameter aus Sicht der Einweiser nur gering entwickelt, handelt es sich um eine defizitäre Zusammenarbeit, die 44% der Kooperationen ausmacht.
– Eine „Abwicklungs-Kooperation“ ist durch eine gute Organisation und eine als schlecht bewertete Informationspolitik charakterisiert, eine Kombination, die in der Konsequenz dennoch zu einer schlechten Zusammenarbeit führt (12%).
– Das Zusammentreffen einer intensiven Information, aber schlecht organisierter Strukturen und Prozesse ergibt die sog. „Schein-Kooperation“, die ebenfalls zu einem negativen Resultat führt, da die vermittelten Informationen in der konkreten Zusammenarbeit nicht umgesetzt werden (28%).
Untersuchungen zum Überleitungsmanagement zwischen niedergelassenen Spezialisten und den ihnen zuweisenden Ärzten zeigen – am Beispiel urologischer Fachpraxen – ebenfalls deutliche Defizite:
– Unzureichende Kommunikation: Zuweisende Ärzte bemängeln, dass es seitens der Fachärzte so gut wie keine Zwischenbescheide bei besonderen Vorkommnissen, z. B. bei malignen bzw. auffälligen Befunden oder wenn Probleme auftreten, auch im Umgang mit den zugewiesenen Patienten. Erwartet wird eine kurze und schnelle Information per Fax, E-Mail oder Telefon.
– Schlechte Organisation: Die Kritik bezieht sich in diesem Bereich zum einen auf die Wartezeiten, um für Patienten einen Termin zu bekommen. Ideal wäre nach Meinung der Zuweiser eine nach Dringlichkeit gestaffelte Termin-Wartezeit, so dass für besonders eilige Patienten eine schnellere Terminvereinbarung ermöglicht würde. Zweiter Kritikpunkt ist die telefonische Erreichbarkeit, die zuweisende Ärzte insgesamt als schlecht empfinden. Gewünscht wird eine eigene, nur für Arztpraxen reservierte Telefonnummer.
– Mangelndes Entgegenkommen des Personals: Gut 2/3 der Befragten beschweren sich über unfreundliche und wenig hilfsbereite Mitarbeiterinnen bei der telefonischen Terminabstimmung. Vor allem nicht eingehaltene Rückrufankündigungen, Vertröstungen („Melden Sie sich doch bitte später noch einmal…“) und kurzfristige Terminverschiebungen sind ein großes Ärgernis für zuweisende Ärzte.
– Unpraktisches Arztbrief-Management: Haupt-Kritikpunkt der befragten Ärzte ist die schlechte Organisation der Arztbrief-Zustellung: es fehlt an Kontinuität („Regelmäßige Befundversendung, nicht erst auf Anfrage“, „Befundmitteilungen auch in den Folgekontakten“) und vor allem an Schnelligkeit, da die Briefe meist per Post geschickt werden. Zuweisenden Ärzte sind jedoch Fax- und E-Mail-Zusendungen lieber. Aber auch die Inhalte entsprechen nicht den Bedürfnissen der niedergelassenen
Ärzte:
– Zu wenig persönliche Kontakte: Den zuweisenden Ärzten ist sehr daran gelegen, ihre Kooperationspartner auch persönlich zu kennen. Leider unternehmen die Spezialisten hierzu nur wenig Bemühungen.
– Schlechte Patientenbetreuung: Ein großes Problem für die befragten Zuweiser ist die mangelnde oder unverständliche Aufklärung in vielen Fachpraxen. Patienten fühlen sich nach eigenen Angaben oft nicht richtig verstanden bzw. verstehen Notwendigkeit einer Therapie nicht. Weitere Kritikpunkte: zu lange Wartezeiten in den Praxen und unfreundliches Personal.
– Geringe Koordination: Die Hälfte der Befragten übte Kritik an aus ihrer Sicht unabgestimmte Eingriffe in ihr hausärztliche Handeln, z. B. durch Empfehlungen, alle bisherigen Medikamente abzusetzen oder durch Informationen, die mit den Hausärzten nicht abgestimmt sind.
– Abweisende Praxisgestaltung: 1/3 der Zuweiser berichteten von Patientenbeschwerden zu Praxisgestaltung (dunkle oder renovierungsbedürftige Räume, schlechte Lüftung, mangelnde Diskretion) und Hygiene (verschmutzte Toiletten oder Untersuchungsliegen).
Fazit: Analysiert man dir aufgeführten Kritikpunkte, wird deutlich, dass eine Verbesserung und Optimierung der Kooperationsqualität relativ einfach und unaufwändig erreichbar ist, da nicht die diagnostisch-therapeutische Leistung im Mittelpunkt der Kritik steht, sondern organisatorische und kommunikative Gestaltungsparameter. Mit Hilfe von Ein- und Zuweiserbefragungen, persönlichen Kontakten und abgestimmten Organisations-, Behandlungs- und Informationsregelungen ist es für jede Klinik und jede Spezial-Praxis in kürzester Zeit möglich, ein förderliches und erfolgreiches Überleitungsmanagement zu etablieren.

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