Diese Frage höre ich häufig, wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt. Viele Leute verbinden mit der Gesundheitsbranche immer nur die Pharmaindustrie, Krankenversicherungen oder Ärzte. Ich arbeite bei der Stiftung Gesundheit und leite das Projekt „Praxis-Tool Barrierefreiheit“. Bevor ich auf die Frage antworte, überlege ich dann, ob ich meinen Bekannten das gesamte Projekt erklären soll, mit all seinen Details und Zusammenhängen. Häufig fange ich erst mal damit an, zu erläutern, was den Beruf im Kern ausmacht.
Der Brockhaus definiert Projektmanagement als „die Planung und Durchführung von komplexen Einzelvorhaben in einem Unternehmen, es kann jedoch auch auf alle anderen Arten von Projekten angewendet werden, zum Beispiel auf wissenschaftliche Forschungsvorhaben.“ Komplexe Einzelvorhaben – diese Formulierung trifft es ganz gut. Beim Projektmanagement geht es vor allem darum, den Überblick zu behalten. Das ist manchmal gar nicht so einfach, denn verschiedene Handlungsstränge verlaufen zeitversetzt und viele unterschiedliche Personen und Gewerke sind involviert. Darum gehört es zu meinen Aufgaben als Projektleiter, Prioritäten zu setzen und Meilensteine festzulegen. Meilensteine sind Ziele innerhalb des Projekts, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht sein müssen. Sie helfen dabei, den Projektfortschritt zu gliedern und zu überprüfen, ob alles plangemäß läuft. Beim Hausbau ist der Rohbau zum Beispiel ein solcher Meilenstein. In meinem Projekt „Praxis-Tool Barrierefreiheit“ war es etwa die konstituierende Sitzung des Beirats im Oktober. Als Projektmanager muss ich nicht nur den Überblick behalten und die verschiedenen Projektteile überwachen, ich muss, wenn nötig, auch korrigierend eingreifen. Bei mir laufen alle Stränge zusammen. Innerhalb des Projekts bin ich die Schnittstelle für die verschiedenen Gewerke – Redaktion, IT, Vertrieb, und so weiter – jedes mit eigenen Interessen und Prioritäten. Da verwundert es nicht, dass ich oft auch eine Art Schiedsgericht sein muss.
Als Projektmanager repräsentiere ich das Projekt zudem nach außen. Ich bin erster Ansprechpartner und sogleich Hauptverantwortlicher. Dabei muss ich die komplexe und vielschichtige Verbands- und Interessenstruktur im Gesundheitswesen beachten. Da ist dann auch mal Diplomatie und Fingerspitzengefühl gefragt.
Wie bin ich nun Projektmanager im Gesundheitswesen geworden? Meine bisherige Berufslaufbahn war nicht gerade auf die Gesundheitsbranche ausgerichtet. Bevor ich bei der Stiftung Gesundheit angefangen habe, war ich in der Finanzdienstleistungsbranche tätig. Die Bereiche scheinen auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun zu haben. Wenn es um Projektmanagement geht, zeigen sich aber viele Parallelen. Wichtig ist aus meiner Sicht vor allem der Einsatzwille, die Fähigkeit, verschiedene Handlungsstränge zu verbinden und komplexe Inhalte aufzufassen, zu differenzieren, verständlich darzustellen und Projektkonzepte zu entwickeln.
Das Gute als Projektmanager im Gesundheitswesen ist, dass ich jeden Tag neuen Aspekten und Gegebenheiten begegne. Meine Arbeit ist abwechslungsreich, denn die Vielschichtigkeit des Gesundheitswesens verstärkt die komplexe Struktur eines Projektes zusätzlich. Eine wichtige Eigenschaft, um Projektmanager im Gesundheitswesen zu sein, ist also die Bereitschaft, sich auf diese komplexen Strukturen einzulassen, sich und sein Handeln dabei ständig zu hinterfragen und interne wie auch externe Interessen stets bei seiner Arbeit zu berücksichtigen und einzubeziehen.