Welches Schlafmittel gebe ich wem?

John Henry Fuseli - Nachtmar

John Henry Fuseli – Nachtmar

“Ich kann nicht schlafen!” ist eine häufig gehörte Beschwerdeschilderung beim Psychiater, wahrscheinlich bei allen Ärzten. Ich kann jetzt hier nicht alles aufschreiben, was man an dieser Stelle tun sollte, aber ich beschreibe einige wenige Punkte, an denen ich mich orientiere.

Diagnostik

Wenn man mal nicht schlafen kann, ist das keine Schlafstörung, das ist ganz normal. Erst wenn man mehrere Nächte hintereinander sehr wenig schläft UND jeweils am nächsten Morgen nicht-erholt aufwacht, kann man von einer Schlafstörung sprechen.

Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt. Das gilt auch für Schlafstörungen. Es gibt immer eine Ursache für die Schlafstörung, und es ist immer sinnvoll, diese zu behandeln. Das kann eine körperliche Erkrankungen sein, wie etwa eine Herz-oder Lungen Erkrankung, eine Schilddrüsenüberfunktion oder ein Schlafapnoe-Syndrom. Die notwendige körperliche Diagnostik kann von einer einfachen Blutabnahme über verschiedene apparative Untersuchungen bis hin zu einem zweitägigen Aufenthalt im Schlaflabor gehen. Und diese Diagnostik muss halt erfolgen, wenn es entsprechende Hinweise gibt. Natürlich kann auch eine psychische Erkrankung die Schlafstörung verursachen, wie etwa eine Depression, eine Angsterkrankung oder eine Manie. Auch hier ist eine sorgfältige Diagnostik und eine entsprechende zielgerichtete ursächliche Therapie erforderlich. Neben der ursächlichen Diagnostik hat es sich darüber hinaus bewährt, die Schlafstörung beschreibend als “Einschlafstörung”, “Durchschlafstörung” oder “Ein- und Durchschlafstörung” einzuteilen. Auch diese Einteilung gibt diagnostische Hinweise.

Schlafhygiene

Nachdem eine Arbeitsdiagnose gestellt ist, sollte immer eine Beratung erfolgen, welche Verhaltensweisen vielleicht nicht so ideal sind. Folgende Punkte haben sich in der Beratung bewährt:

  • Nicht mehr als drei Tassen Kaffee am Tag. Kein Kaffee, kein Tee und keine Cola nach 16:00.
  • Im Bett nur Schlafen, Lesen oder Sex haben. Nicht fernsehen, nicht streiten und nicht grübeln.
  • Erst ins Bett gehen, wenn man wirklich müde ist. Bleibt man länger als 10 Minuten wach, soll man das Bett verlassen und irgendetwas machen, bis man wirklich müde ist. Dann darf man wieder ins Bett gehen.
  • Alkohol hilft zwar beim Einschlafen, stört aber das Durchschlafen. Langfristig stört Alkohol die Schlafarchitektur. Man soll Alkohol nicht regelmäßig trinken, auch nicht in moderaten Mengen.
  • Sport hilft sehr gut gegen Schlafstörungen. Am besten am frühen Abend, nicht unmittelbar vor dem Einschlafen.
  • Das Schlafzimmer soll kühl, aufgeräumt und schön sein.

Schlafmittel

Schlafmittel sind keine dauerhafte Lösung. Abhängigkeit und Mißbrauch von Schlafmitteln gehören zu den häufigsten Gründen für Schlafstörungen. Schlafmittel sollten daher eigentlich nur in den maximal sechs Wochen gegeben werden, bis die ursächliche Behandlung gewirkt hat. Nach spätestens sechs Wochen sollte man normalerweise alle suchterzeugenden Schlafmittel absetzen, selbst wenn noch eine Schlafstörung beklagt wird.

Hier nun eine Stufenskala von zunehmend wirkstarken schlaffördernden Substanzen:

Stufe Wirkstoff Dosis Bemerkung
1 Warme Milch mit Honig Ein schönes Glas
2 Baldrian 20-40 Tropfen oder Hopfen, Kräutertee,…
3 Doxylamin (z.B. Hoggar night®) 25–50 mg frei verkäuflich
4 Promethazin, (z.B. Atosil®) 25–50mg niederpotentes Neuroleptikum
5 Mirtazapin (z.B. Remergil®) 7,5-15 mg ist ein Antidepressivum
6 Zolpidem (z.B. Stilnox®) Frauen: 5 mg, Männer: 10 mg Halbwertszeit 2-3 Stunden, wirkt gegen Einschlafstörungen
7 Zopiclon (z.B. Ximovan®) 7,5 mg Halbwertszeit 4-6 Stunden, wirkt gegen Ein-und Durchschlafstörungen
8 Diazepam 5-10 mg kumuliert über mehrere Tage zu mehr Wirkung
9 Flunitrazepam 1-2 mg wirkt auch beim manischsten Patienten schlaffördernd

Welches Schlafmittel verordne ich nun wem?

Diagnose Schlafhygiene und Schlafmittel der Stufe:
Früher schon mal eine Abhängigkeit von Benzodiazepinen gehabt Stufe 1-5
Psychogene Schlafstörung bei Konflikterleben Stufe 1-7
Angststörung Stufe 2-5
Depression Stufe 2-8
Psychose Stufe 4-8
Manie Stufe 4; 6-9

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