Schwule Prävention hat in Niedersachen einen neuen Namen: Heute startet das landesweite HIV-Präventionsnetzwerk „SVeN“, bei dem regionale Aidshilfen, Community-Projekte und andere Partner unter einem Label zusammenarbeiten
Hin und wech“ war gestern, ab heute heißt sie „SVeN“, die schwule HIV-Prävention im zweitgrößten Flächenland Deutschlands. „Sven wer?“ wird sich mancher fragen. Des Rätsels Lösung: „SVeN“ steht für „Schwule Vielfalt erregt Niedersachsen“.
Die Präventionsarbeit in der schwulen Community soll auf eine noch breitere Basis gestellt werden. Aidshilfen, Szeneorganisationen sowie andere Einrichtungen werden unter dem Dach von SVeN zusammenarbeiten. Axel Schock hat sich darüber mit Andreas Paruszewski, dem Landeskoordinator des Projektes und stellvertretenden Geschäftsführer der Niedersächsischen AIDS-Hilfe, unterhalten.
Ihr habt „Hin und wech – Schwule lieben in Niedersachsen“ in den vergangenen zwölf Jahren zu einer bekannten und bewährten Marke aufgebaut. Warum gibt man einen solchen Namen auf?
Anders als in Nordrhein-Westfalen mit „Herzenslust“ haben wir bei der Gründung von „Hin und wech“ in Niedersachen eine Doppelstruktur eingeführt. Schwule Prävention wurde einerseits von Aidshilfe-Mitarbeitern geleistet, andererseits gab es sechs Regionalkoordinatoren von „Hin und wech“, die eigene Teams und Strukturen aufbauten.
Gemeinschaft statt Konkurrenz
Mit der Folge, dass in bestimmten Städten und Regionen die Prävention von zwei Teams parallel geleistet wurde.
Richtig. In einigen Aidshilfen wurde dies als Konkurrenz empfunden und es kam vereinzelt auch zu kleinen Konflikten. Deshalb haben wir uns entschlossen, unter einem neuen Label gemeinsam Prävention zu machen. Neu ist, dass nicht nur Aidshilfen, sondern auch schwule Gruppen, Organisationen und Selbsthilfe-Projekte in den Verbund mit einbezogen werden sollen.
Hätte diese Kooperation nicht auch unter dem eingeführten Namen „Hin und wech“ geschehen können?
Einige wenige Aidshilfen wünschten das nicht. Wir wollten aber, dass alle mitmachen und sich mit dem Projekt identifizieren können. Um zusammenzuwachsen erschien es uns durchaus sinnvoll, in einem gemeinsamen Prozess ein neues Label zu entwickeln. Das haben wir im vergangenen Jahr auch getan. Von der Ideensammlung bis zur Entscheidung über den Namen verlief der Entwicklungsprozess partizipativ, weitgehend über interne Internet-Plattformen.
Erstmals ist eine Gesundheitsbehörde mit im Boot
Was verändert sich durch diese Neuorganisation in der Mitarbeiterstruktur?
Früher hatten wir bei „Hin und wech“ sechs regionale Koordinatoren, die auf Mini-Job-Basis bezahlt wurden, jetzt haben wir SVeN-Koordinatoren, die allerdings flexibel verortet sind. Das heißt, jede Organisation, die sich SVeN angeschlossen hat, konnte einen Antrag auf eine solche Position stellen. In Hannover gibt es beispielsweise keinen eigenen Koordinator mehr. Um die Vor-Ort-Prävention wird sich künftig die Hannöversche Aidshilfe unter dem Label SVeN kümmern.
Dafür gibt’s beispielsweise einen SVeN-Koordinator für Ostfriesland, der im Emdener Gesundheitsamt angegliedert ist. Dies ist übrigens auch eine Premiere, nämlich die erste niedersächsische Gesundheitsbehörde, die sich aktiv an der Prävention für Männer, die Sex mit Männern haben, beteiligt.
Das heißt, die Liste derer, die unter dem Namen SVeN vereint sind, könnte demnächst noch etwas länger werden?
Vergangene Woche waren es noch 21 Institutionen und Organisationen, die unsere Charta unterschrieben haben, diese Woche sind es nun schon 22 – von der Lazaruslegion Hannover und „Gay in May“ Osnabrück bis zum Braunschweiger Verein für sexuelle Emanzipation.
Was erwartet ihr von den Unterzeichnern, neben der ideellen Unterstützung?
Natürlich wäre es schon, wenn sie sich auch aktiv einbringen und unter dem Namen SVeN Aktionen und Angebote durchführen.
Bewährtes bleibt bestehen
Wird sich die Arbeit von SVeN inhaltlich von „Hin und wech“ unterscheiden?
Einige der erfolgreichen Aktionen von „Hin und Wech“ werden wir selbstverständlich weiterführen, etwa die jährliche Kür des schwulen Heidekönigs in Lüneburg als regionalen Präventionsbotschafter oder auch unsere Postkartenserie „Rosa Tipps“ mit Informationen rund um die sexuelle Gesundheit schwuler Männer. Strukturell werden neue Kampagnen ähnlich verlaufen, mit dem Unterschied, dass nun wesentlich mehr Menschen bei der Entwicklung involviert sind.
Das klingt nach einem großen Koordinationsaufwand.
Die Arbeit wird sicherlich etwas mehr, aber es soll keineswegs alles zentral organisiert werden. Vielmehr müssen die Akteure vor Ort mehr miteinander sprechen. Wir werden beispielsweise eine landesweite Facebook-Fanseite aufbauen, den Regionen ist allerdings selbst überlassen, ob sie zusätzlich auch eine eigene einrichten wollen.
Landesweite Netzpräsenz ist im Aufbau
Was wird inhaltlich in den nächsten Monaten passieren?
In diesem Jahr steht im Vordergrund, das Projekt SVeN in der Szene bekannt zu machen und zu verankern. Außerdem werden wir uns dem bundesweiten Schwerpunktthema der bundesweiten ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne anschließen. Außerdem werden wir unsere Internetseite an den Start bringen. „Hin und wech“ verfügte ja auch über die einzige landesweite schwule Netzpräsenz in Niedersachsen. Wir hoffen, dass nun, da noch mehr Organisationen bei SVeN beteiligt sind, in die neue Webseite noch mehr Daten und Inhalte einfließen werden. Parallel dazu wird in sechs Arbeitsgruppen an neuen Themen und Projekten gearbeitet.
Wie viele Männernamen habt ihr eigentlich durchprobiert, bis ihr SVeN gefunden hattet?
Wir hatten auf einer Plattform Ideen für einen Labelnamen gesammelt. Sven war der einzige Männername unter den über 30 Vorschlägen. Er ist dann auch in der letzten Auswahlrunde hängengeblieben.
Alles über SVeN: www.svenkommt.de