Canidae

Das Erste, was ich höre, ist Moni – eine meiner fMFA – die lautstark ruft: “Nein, das geht einfach nicht, bitte gehen Sie!”
Wenn meine fMFA schon so deutlich wird, muß ich mal um die Ecke schauen und sehen, was Sache ist. Soviel Neugierde darf sein. Achja: Ist ja meine Praxis. Ich verabschiede mich also etwas überstürzt von Frau Lämmers und der viermonatigen Tochter und öffne die Tür zum Flur.

Woahwoahwoah – würde meine Tochter sagen – ich befinde mich sofort Auge in Auge mit einem ausgewachsenen … Deutschen Schäferhund, der mich von unten herauf aus wachsamen Augen ansah. Dabei sofort den Schweif hebt, nein, nicht wedelt, die Ohren aufstellt und verdächtig wachsam den Kopf hin und her wiegt.
Am anderen Ende der Leine (hurra, eine Leine!) findet sich ein älterer Herr, schütteres Haar, sicher eher ein Opa als ein Vater, der sofort den klassischen Satz aller Hundebesitzer von sich gibt: “Der tut nichts!” Manchmal denke ich, ich befinde mich in Realsatire bei Vicco von Bülow.

“Aber ich tue gleich was”, gebe ich zurück und halte dem Hund meine umgedreht offene Hand entgegen, die er interessiert beschnuppert. “Was soll der hier?”
Der Herr redet gleich drauflos, er begleite seine Tochter mit der Enkelin, die sei ja so krank, mit Fieber und Husten und überhaupt und generell.
“Und was macht der Hund hier?”, wiederhole ich meine Frage. Als habe sich Moni noch nicht mit ihm über das Sujet “Hund in Praxis”, falsch: “Hund in Kinderarztpraxis” auseinandergesetzt.

Der Hund könne nicht im Auto bleiben. Der Hund könne nicht angebunden vor der Tür bleiben. Er könne nicht mit dem Hund solange spaziergehen, bis die Tochter fertig sei. “Warum?” – “Ja weil.” Die Antworten waren der Frage nicht wert. Hund belle, Hund jaule, Opa müsse doch seiner Tochter beistehen.
Es entwickelt sich ein munteres Streitgespräch, an dem am Ende ein kurzer Beller des Hundes steht – und ein ebenso lautstarkes “Raus!” durch mich.

Warum keine Tiere in der Praxis (es soll ja Kollegen geben, die für die gemütlichheimelige Athmo ihren Pinscher durch die Räume wuseln lassen)? Kinder haben Angst vor Hunden und oft Angst vor Kinderärzten, da muss nicht beides aufeinandertreffen. Kinder haben übrigens mitunter Allergien gegen Tiere, deswegen gehen sie manchmal zum Arzt – und müssen da nicht gerade auf ihr Allergen treffen. Hunde schnuppern, das mag nicht jeder, und Hunde bellen, das mögen viele noch weniger.

“Sie mögen wohl keine Tiere?”, blafft es am Ende aus Richtung Ausgang. “Sie sind mir ja ein toller Arzt.” Ich weiß nicht, ob es der Opa ist oder sein Schäferhund, der da bellt.

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